Dienstag, 26. August 2014

Wie man in Fairbanks am schnellsten ein Auto verkauft

Noch voller Eindrücke vom Denali NP erreichen wir am nächsten Tag Fairbanks. Als erstes geht es wie so oft zur Tourist Information. Dort wollen wir uns um Kartenmaterial für unsere Kanutour kümmern, Adressen heraussuchen (Fotoladen, Satellitentelefon, Autohändler), mal auf der Craigslist schauen, wie die Preise auf dem Automarkt zur Zeit so sind, … . Zwei Stunden später haben wir alles erledigt und wollen uns auf den Weg zu einem Autohändler machen. Es kann nicht schaden, einen Richtpreis für unser Auto zu erhalten. Auch wenn uns durchaus bewusst ist, dass dort der Preis um einiges tiefer ausfallen wird, als wenn wir selber verkaufen würden.

Als Adi den Zündschlüssel dreht, spielt plötzlich der Tachometer verrückt. Er hüpft einige Male wild hin und her bevor er sich dann gar nicht mehr bewegt. Hallo, was war das denn? Das gibt’s ja gar nicht: 10 Minuten bevor wir das Auto wieder verkaufen wollen, geht der Tacho kaputt. Wir versuchen es auf die sanfte Tour mit gut zureden, Auto neu starten und einem Stossgebet. Leider erfolglos. Dann wird’s rabiater: Adi haut aufs Armaturenbrett und lässt das eine oder andere Wort fallen, das hier nicht wiedergegeben werden soll. Den Tacho lässt allerdings auch das kalt. So fahren wir halt wohl oder übel ohne Geschwindigkeitsanzeige zum Autohändler. Als wir das Büro betreten und sagen, dass wir unseren Dodge verkaufen wollen, stürzen sich zwei Agenten wie die Geier auf uns, reissen uns fast den Zündschlüssel aus der Hand und machen sich auf eine Probefahrt. Im letzten Moment kann ich noch schnell meinen Pass und den Laptop aus dem Wagen fischen, dann brausen sie davon. 10 Minuten später sind sie wieder da, steigen mit einem charmanten Lächeln aus und meinen: „We like the car.“ Hm, unsere Hoffnungen steigen, trotz kaputtem Tacho einen einigermassen guten Preis zu erhalten. Da haben wir uns allerdings zu früh gefreut. Da leider der Tacho kaputt sei – und das sei eine teure und aufwändige Reparatur – könnten sie uns höchsten 1000 Dollar dafür geben. Wie bitte? Haben die Tomaten auf den Augen und einen Sprung in der Schüssel? Ungläubig frage ich nach, ob ich die Zahl richtig verstanden hätte, was die Ratte von Verkäufer süffisant lächelnd bestätigt. Ne, ne, Freundchen, da hast du dich gewaltig verspekuliert. Dann werden wir das Auto halt auf der Craigslist – einer Art Riccardo-Verkaufsportal – wieder ausschreiben.

Gesagt – getan. Das Inserat ist schnell aufgesetzt, haben wir doch noch die Vorlage von der vorherigen Autobesitzerin. Es ist Freitagabend und wir möchten die Annonce so schnell wie möglich ins Netz stellen in der Hoffnung, dass sich bis Mittwoch ein Käufer findet. Doch ganz so einfach wird es uns nicht gemacht. Zwar haben wir einen Account einrichten können, doch um das Inserat dann tatsächlich aufschalten zu können, wird einem ein Code zugeschickt. Und das ausschliesslich auf eine Telefon- oder Natelnummer aus Kanada oder USA. Na bravo … ! Die Leute auf dem Camping, die wir ansprechen, reagieren (verständlicherweise) eher zurückhaltend. Wir geben auf und hoffen, dass wir am nächsten Morgen eine gute Seele finden, die uns hier weiterhilft.

Und siehe da: Die nette Mitarbeiterin in der Tourist Information, die uns am Tag vorher schon bei den Karten geholfen hat, gibt uns ohne zu zögern ihre Natelnummer. 5 Minuten später ist das Inserat aufgeschaltet, eine Stunde später melden sich bereits die ersten Interessenten J! Wir machen ab, dass sie ab 17 Uhr auf dem Camping vorbeikommen können, um den Wagen zu inspizieren und Probe zu fahren. Die Zeit reicht gerade noch, um bei der Charter-Fluggesellschaft schon mal unser Boot und einen Seesack mit Kochutensilien, Tarp, … aufzugeben. Dann polieren wir das Auto auf Hochglanz und schon steht der erste potenzielle Autokäufer da. Es ist eine junge Familie, die zwar vom Fahrzeug ganz begeistert ist, jedoch zuerst das nötige Geld auftreiben muss. Eine Stunde später kommen die nächsten. Vater und Tochter. Das Auto ist für die Tochter mit ihren drei Kindern – der Vater soll sicherstellen, dass sein Augapfel nicht übers. Ohr gehauen wird. Die beiden sind erst eher zurückhaltend. Der Vater öffnet als erstes die Motorhaube, kriecht mit der Taschenlampe unter unseren Dodge, drückt hier, zieht da … Ich gehe davon aus, dass er unseren Preis gewaltig drücken will. Nach der Probefahrt sehen beide entspannter aus – sie lächeln sogar. Ohne mit der Wimper zu zucken, sind sie mit dem vorgeschlagenen Preis einverstanden. Es ist das Traumauto der Tochter – und der Vater, der scheinbar aus einer „Dodge-Familie“ kommt, gibt seinen Segen dazu und meint, das sei für beide Seiten ein guter Deal.
 
Wow, wir brauchten einen halben Tag um ein Auto zu kaufen und einen halben, um es wieder zu verkaufen: Ich weiss nicht, ob sich dies toppen lässt. Am Mittwochabend findet die Übergabe statt, am Donnerstagmorgen fliegen wir zum Polarkreis … .

(Simi)

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