Sonntag, 17. August 2014

Ein "never ending" Paddeltag

Nach Adi’s Hechtfang und dem feinen Frühstück beschliessen wir, den Tag langsam angehen zu lassen und erst einmal in Ruhe zu verdauen. Wir vermuten, dass wir bereits kurz vor dem Einfluss des Nisutlin River in die Nisutlin Bay sind. Aber eben, die Karte hat einen so grossen Massstab, dass wir mehr erraten als erkennen, wo wir wirklich sind. Wir überlegen, ob wir auf dieser wunderschönen Kiesinsel eine zweite Nacht bleiben und dann dafür am nächsten Morgen um 5 Uhr aus den Federn kriechen wollen. Wie gesagt kann der Wind in der Bay plötzlich ziemlich ruppig werden – laut Auskunft von Doug v.a. ab dem Mittag. Wir wollen auf der sicheren Seite und spätestens bis 12 Uhr wieder in Teslin sein. Deshalb beschliessen wir um 17 Uhr ziemlich kurzfristig, doch noch einige Meter zu Paddeln und irgendwo im Mündungsbereich noch einmal zu übernachten.

Wir rechnen mit 1 – 2 Stunden auf dem Wasser. Es wird 18 Uhr, dann 19 Uhr. Und noch immer ist das Kabel, von dem wir wissen, dass es kurz vor der Bay über den Fluss führt, nicht in Sicht. Irgendwie will die Freude am Paddeln heute nicht so recht aufkommen.






Gott sei Dank bringen zwei Elch-
beobachtungen und etliche Biber uns zwischendurch wieder auf andere Gedanken. Um 20 Uhr setzt Galgenhumor ein: Wir spekulieren, ob wir wohl die Abzweigung verpasst hätten und nächstens irgendwo ins Meer gespült werden, wo die Menschen dunkelhäutig und die Sprache unverständlich ist … Um 21 Uhr wetten wir, nach wie vielen Windungen das Kabel kommt. Ich bin für einmal die Optimistin und rechne mit 3 Kurven, während Adi vorsichtiger kalkuliert und noch 5 Turns bis zum Kabel prognostiziert. Aber niemand von uns hat recht – leider! Noch selten habe ich ein Kabel so herbeigesehnt. Zu allem Übel befinden wir uns auch noch in einer sehr sumpfigen Gegend und die Dämmerung setzt ein – ideale Bedingungen für die verd… Blutsauger. Um kurz vor 22 Uhr haben wir beide die Nase gestrichen voll.
  
Auf der nächstbesten Sandbank landen wir an, stellen in Rekordzeit unser Zelt auf und verkriechen uns mit einem Sack Chips und zwei Bier in unseren Schlafsäcken. Dieses Znacht wird definitiv nicht als das Romantischste unserer Reise in die Annalen eingehen.

Am nächsten Morgen kriechen wir um kurz nach 6 Uhr aus den Federn, nicht wissend ob bzw. wann wir die Bay erreichen und wie die Windverhältnisse dann sein werden. Schon während der vergangenen vier Tage hatten wir immer wieder auffrischenden Gegenwind. Dank der Strömung ging es trotzdem stetig flussabwärts. Auf einem See kann das dann schnell ein bisschen anders aussehen.

Jedenfalls stellen wir bald fest, dass es aussichtslos gewesen wäre, am vorherigen Abend noch weiter zu paddeln (trotz Vollmond). Es dauert noch geschlagene viereinhalb Stunden, bis wir endlich die Bay erreichen. Und – wie könnte es anders sein – bläst zu allem Übel bereits um 11 Uhr ein starker Gegenwind und lässt Schaumkrönchen tanzen. Puh, nun müssen wir wieder einen Gang höher schalten. Und trotzdem ziehen die Bäume am nahen Ufer nur quälend langsam an uns vorüber. Kurz vor Mittag schalten wir eine Pause ein. Mit etwas Warmem im Magen sieht doch die Welt gerade wieder anders aus. Auch die Windgöttin zeigt sich nachsichtig und lässt den Wind etwas weniger heftig und eher seitlich als ganz von vorn wehen. Plötzlich kommen wir erstaunlich zügig vorwärts und die markante Brücke von Teslin, welche schon von weitem sichtbar ist, lässt letzte Kraftreserven frei werden. Endlich – nach fast siebeneinhalb Stunden Paddeln - sind wir am Ziel.

Boot zusammenpacken, tanken, noch ein Softeis, eine Cola und ein Kafi für unterwegs und dann geht’s noch einmal knapp zwei Stunden weiter nach Whitehorse. Und kaum sitzen wir im Auto, beginnt es zu regnen. Da fällt uns die Entscheidung leicht, uns wieder einmal den Luxus eines Hotels zu gönnen.

(Simi)

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