Dienstag, 26. August 2014

Die letzten Tage vor dem Abflug

Drei Tage bleiben uns noch, bevor es ins „Outback“ geht. Nachdem unser Autoverkauf so zügig über die Bühne gegangen ist, haben wir am Sonntag Zeit für eine kleine Wanderung. Wir fahren ins „Chena Hot Springs-Tal“, lassen das Auto auf einem Parkplatz stehen und nehmen den 14-km-Trail zu diesen Hot Springs unter die Füsse. Der Weg ist wunderschön, das Wetter sonnig, die Temperatur angenehm, die Aussicht toll und die Vorfreude auf die nächsten vier Wochen gross. Wir wissen, dass wir am Ziel dieser Wanderung entweder auf unser Glück als Autostopper vertrauen oder aber dann den ganzen Weg wieder zurücklaufen müssen. Wir tun ersteres und laufen auf der Strasse Richtung Parkplatz zurück. Die erste Meilenangabe am Strassenrand lässt uns wissen, dass es bis zum Parkplatz rund 20 km sind. Viel Öderes als einer Strasse entlang zu marschieren gibt es ja kaum. So halten wir bei den spärlichen Fahrzeugen, die an uns vorbeifahren, jedes Mal hochmotiviert unsere Daumen in die Höhe. Fünf fahren in der ersten Viertelstunde vorbei, dann haben wir Glück. Ein Kleinbus, der zuerst an uns vorbeigefahren ist, kehrt um und lädt uns auf. Dankbar lassen wir uns die 15 Minuten zum Parkplatz chauffieren. Es hätte ein langer und langweiliger Marsch werden können … . 

Seit einigen Tagen hat Adi ein Problem mit seiner geliebten Fotokamera. Wenn er durch den Sucher schaut, kann er nicht mehr richtig fokussieren. Gott sei Dank wird das Bild dann trotzdem scharf. Aber es ist halt doch irritierend. Deshalb suchen wir in Fairbanks ein Fotogeschäft auf und Adi erklärt das Problem. Die Mitarbeiterin meint lächelnd, er solle doch das Korrekturrädchen für Brillenträger wieder auf null zurückdrehen ;-). Wenn nur alle Probleme so einfach zu beheben wären … 

Als wir am Freitag hier in Fairbanks angekommen sind, haben wir die beiden Anbieter für Satellitentelefone aufgesucht. Doch – oh Schreck – bei beiden sind alle Telefone weg. Es sei halt Jagdzeit, wird uns gesagt. Der zweite Anbieter gibt uns dann eine Internetadresse, bei welcher wir vielleicht noch eines erhalten könnten. Adi merkt, dass ich diese Unsicherheit sehr uncool finde und setzt alle Hebel in Bewegung, um doch noch so einen Knochen ergattern zu können. Auf seine Mailanfrage kommt ein automatisches Antwortmail zurück, dass seine Anfrage am Montag wieder bearbeitet werde. So langsam läuft uns die Zeit davon …

Am Montagmorgen dann die ersehnte Antwort von Bill – jedoch nicht mit dem erhofften Inhalt. Er habe zwar ein Telefon für uns, doch FedEx könne es nicht in der für uns nötigen Zeit nach Fairbanks liefern. Es könne gut sein, dass das Telefon erst am Donnerstagabend hier eintreffe. Adi mailt zurück, dass er es direkt zu unserer Charter-Fluggesellschaft hier in Fairbanks schicken solle. Wir fliegen zwar am Donnerstagmorgen nach Bettles, von dort aus aber erst am Freitag weiter in die Wildnis. So besteht die Chance, dass das Telefon uns noch rechtzeitig nach Bettles nachgeschickt werden kann. Puh, ist das aufreibend! Und die Aussicht, ohne diese letzte Sicherheit unterwegs zu sein, versetzt mich nicht gerade in Hochstimmung. Auf Adis Mail hin geschieht dann gar nichts mehr. Bill antwortet weder auf Mails noch auf Anrufe auf seine Büro- bzw. Natelnummer. Wir können nichts weiter machen als abwarten und bei Wright Air anzukündigen, dass sie uns evtl. ein Satellitentelefon hinterherschicken müssen. Auch dort treffen wir wieder auf sehr hilfsbereite Menschen. Als die Mitarbeiterin die Adresse und Telefonnummer des Satelliten-Telefon-Anbieters notiert, meint sie, das sei aber keine Vorwahl von Anchorage. Bis jetzt sind wir nämlich davon ausgegangen, dass der Anbieter in Anchorage stationiert ist. Nicht schlecht staunen wir, als wir erfahren, dass es sich um eine Adresse in Nashville (Tennessee) handelt. Und nun ist auch klar, weshalb das Telefon nicht am nächsten Tag schon hier sein kann.
Jedenfalls erhalten wir heute Morgen dann das erlösende Mail von Bill, dass das Telefon unterwegs sei und voraussichtlich am Donnerstag in Fairbanks eintreffe. 

Nun müssen nur noch Philipp und René gut in Fairbanks ankommen und dann kann es los gehen. Mitten in der Nacht erhalten wir ein sms, dass die beiden in Frankfurt sind und auf den Weiterflug nach Anchorage warten, der zwei Stunden Verspätung hat. Das muss nicht unbedingt schlecht sein, konnten wir uns doch in derselben Situation in die Business Class upgraden lassen. Hoffentlich gelingt ihnen das auch. In Anchorage müssen sie dann scheinbar das ganze Gepäck mitsamt Boot auschecken und für den Weiterflug nach Fairbanks bei der AlaskaAir wieder einchecken.

Hej Jungs, haltet durch: Ihr könnt euch nachher während vier Wochen von den Reisestrapazen erholen J. Und ihr könnt euch freuen: Das Willkommensplakat ist gemalt und das Bier kühl gestellt …
Wir freuen uns auf eure Ankunft und auf eine unvergessliche und tolle gemeinsame Paddeltour!  
 
Das wird für die nächsten vier Wochen unser letzter Blogeintrag sein. Danke all jenen, die mit uns mitgefiebert, -gelacht, und manchmal vielleicht auch –gelitten haben. Für eure Mails, sms, WA, eure mentale Unterstützung. Wir freuen uns bereits jetzt, euch alle wieder zu sehen!!! Take care und bis bald 
 

Simi & Adi
 
 
 
 
 

Wie man in Fairbanks am schnellsten ein Auto verkauft

Noch voller Eindrücke vom Denali NP erreichen wir am nächsten Tag Fairbanks. Als erstes geht es wie so oft zur Tourist Information. Dort wollen wir uns um Kartenmaterial für unsere Kanutour kümmern, Adressen heraussuchen (Fotoladen, Satellitentelefon, Autohändler), mal auf der Craigslist schauen, wie die Preise auf dem Automarkt zur Zeit so sind, … . Zwei Stunden später haben wir alles erledigt und wollen uns auf den Weg zu einem Autohändler machen. Es kann nicht schaden, einen Richtpreis für unser Auto zu erhalten. Auch wenn uns durchaus bewusst ist, dass dort der Preis um einiges tiefer ausfallen wird, als wenn wir selber verkaufen würden.

Als Adi den Zündschlüssel dreht, spielt plötzlich der Tachometer verrückt. Er hüpft einige Male wild hin und her bevor er sich dann gar nicht mehr bewegt. Hallo, was war das denn? Das gibt’s ja gar nicht: 10 Minuten bevor wir das Auto wieder verkaufen wollen, geht der Tacho kaputt. Wir versuchen es auf die sanfte Tour mit gut zureden, Auto neu starten und einem Stossgebet. Leider erfolglos. Dann wird’s rabiater: Adi haut aufs Armaturenbrett und lässt das eine oder andere Wort fallen, das hier nicht wiedergegeben werden soll. Den Tacho lässt allerdings auch das kalt. So fahren wir halt wohl oder übel ohne Geschwindigkeitsanzeige zum Autohändler. Als wir das Büro betreten und sagen, dass wir unseren Dodge verkaufen wollen, stürzen sich zwei Agenten wie die Geier auf uns, reissen uns fast den Zündschlüssel aus der Hand und machen sich auf eine Probefahrt. Im letzten Moment kann ich noch schnell meinen Pass und den Laptop aus dem Wagen fischen, dann brausen sie davon. 10 Minuten später sind sie wieder da, steigen mit einem charmanten Lächeln aus und meinen: „We like the car.“ Hm, unsere Hoffnungen steigen, trotz kaputtem Tacho einen einigermassen guten Preis zu erhalten. Da haben wir uns allerdings zu früh gefreut. Da leider der Tacho kaputt sei – und das sei eine teure und aufwändige Reparatur – könnten sie uns höchsten 1000 Dollar dafür geben. Wie bitte? Haben die Tomaten auf den Augen und einen Sprung in der Schüssel? Ungläubig frage ich nach, ob ich die Zahl richtig verstanden hätte, was die Ratte von Verkäufer süffisant lächelnd bestätigt. Ne, ne, Freundchen, da hast du dich gewaltig verspekuliert. Dann werden wir das Auto halt auf der Craigslist – einer Art Riccardo-Verkaufsportal – wieder ausschreiben.

Gesagt – getan. Das Inserat ist schnell aufgesetzt, haben wir doch noch die Vorlage von der vorherigen Autobesitzerin. Es ist Freitagabend und wir möchten die Annonce so schnell wie möglich ins Netz stellen in der Hoffnung, dass sich bis Mittwoch ein Käufer findet. Doch ganz so einfach wird es uns nicht gemacht. Zwar haben wir einen Account einrichten können, doch um das Inserat dann tatsächlich aufschalten zu können, wird einem ein Code zugeschickt. Und das ausschliesslich auf eine Telefon- oder Natelnummer aus Kanada oder USA. Na bravo … ! Die Leute auf dem Camping, die wir ansprechen, reagieren (verständlicherweise) eher zurückhaltend. Wir geben auf und hoffen, dass wir am nächsten Morgen eine gute Seele finden, die uns hier weiterhilft.

Und siehe da: Die nette Mitarbeiterin in der Tourist Information, die uns am Tag vorher schon bei den Karten geholfen hat, gibt uns ohne zu zögern ihre Natelnummer. 5 Minuten später ist das Inserat aufgeschaltet, eine Stunde später melden sich bereits die ersten Interessenten J! Wir machen ab, dass sie ab 17 Uhr auf dem Camping vorbeikommen können, um den Wagen zu inspizieren und Probe zu fahren. Die Zeit reicht gerade noch, um bei der Charter-Fluggesellschaft schon mal unser Boot und einen Seesack mit Kochutensilien, Tarp, … aufzugeben. Dann polieren wir das Auto auf Hochglanz und schon steht der erste potenzielle Autokäufer da. Es ist eine junge Familie, die zwar vom Fahrzeug ganz begeistert ist, jedoch zuerst das nötige Geld auftreiben muss. Eine Stunde später kommen die nächsten. Vater und Tochter. Das Auto ist für die Tochter mit ihren drei Kindern – der Vater soll sicherstellen, dass sein Augapfel nicht übers. Ohr gehauen wird. Die beiden sind erst eher zurückhaltend. Der Vater öffnet als erstes die Motorhaube, kriecht mit der Taschenlampe unter unseren Dodge, drückt hier, zieht da … Ich gehe davon aus, dass er unseren Preis gewaltig drücken will. Nach der Probefahrt sehen beide entspannter aus – sie lächeln sogar. Ohne mit der Wimper zu zucken, sind sie mit dem vorgeschlagenen Preis einverstanden. Es ist das Traumauto der Tochter – und der Vater, der scheinbar aus einer „Dodge-Familie“ kommt, gibt seinen Segen dazu und meint, das sei für beide Seiten ein guter Deal.
 
Wow, wir brauchten einen halben Tag um ein Auto zu kaufen und einen halben, um es wieder zu verkaufen: Ich weiss nicht, ob sich dies toppen lässt. Am Mittwochabend findet die Übergabe statt, am Donnerstagmorgen fliegen wir zum Polarkreis … .

(Simi)

Brüllende Amis und ein weisser Riese

Weltbekannt ist der Denali-Nationalpark nicht nur wegen seiner Tier- und Pflanzenwelt, sondern auch wegen seinem riesigen, gigantischen Berg, welcher majestätisch in den Himmel ragt - der Mount McKinley oder auch Mount Denali genannt und 6168 Meter hoch. Laut den Aussagen der Parkranger können nur rund 20-30% aller Parkbesucher einen Blick auf den Koloss erhaschen, denn meistens ist der Gipfel nebelverhangen und somit nicht sichtbar. Heute wollen wir unser Glück versuchen und hoffen, freie Sicht auf den Gipfel zu haben. Doch bevor man überhaupt in die Nähe des Berges kommt, steht einem eine lange Bustour bevor. Mit Privatautos kann man den Park nicht befahren, was ökologisch gesehen auch absolut Sinn macht. So haben wir uns für die 0630 Uhr-Bustour angemeldet. Der Chauffeur, nennen wir ihn Wayne, begrüsst uns mit „Hello foxes, how are you today?“, gefolgt von einer viertelstündigen Anweisung, wie man sich auf der Bustour verhalten muss. Halt so voll Ami-style. Endlich setzt er sich hinter das Steuerrad und los geht’s. Wayne hört sich gerne erzählen und erklärt alles was sich links, rechts und voraus befindet. Ich muss schon sagen, dieser Bursche hat seine Hausaufgaben gemacht!

Plötzlich ein Schrei! „Stopp, nine o'clock, Dallsheep“! Ich zucke zusammen, meine Trommelfelle vibrieren und ich stelle mich darauf ein, dass eine ganze Herde Dallschafe auf uns zu rennt. Allgemeine Hektik bricht aus und die Kameras werden hervorgerissen. Wo, was, wie viele? Dann die Entwarnung von Wayne: Nein, nein, das ist nur ein weisser Stein. Auf jeder Tour wird hier geschrien. – Der stämmige Brüller von vorhin zieht etwas zerknirscht den Kopf ein; mir soll’s recht sein.

 Es wird eine lustige Fahrt mit vielen „Stopp!“s. Manche erfolgreicher, manche, na ja, Einige lernen’s halt nie. Jedenfalls sehen wir Karibus, Grizzlies und Elche.

 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
Nachdem wir der Rangerin Alison bei ihrer Rangerstation ebenfalls noch einen guten Morgen zugerufen haben, fahren wir die Strasse mit ihren zum Teil recht ausgesetzten Passagen weiter. Nach einer scharfen Rechtskurve ruft Wayne erstaunt: „Ooh, das hätte ich heute nicht erwartet!“ Wir folgen alle gespannt seinem Blick und tatsächlich, vor uns ragt der Mount McKinley in den Himmel. Unglaublich, gigantisch, es gehen einem die Superlativen aus. Simi und ich sind im siebten Himmel, haben wir uns doch so gewünscht, dass wir diesen Berg zu sehen bekommen.
 


Ich fülle die halbe Speicherkarte mit Mount McKinley.

 
 
 
 
 
 
 
 
 
 

Nach der vierstündigen Hinfahrt, bei welcher Wayne zum Schluss noch vor aller Augen ein Erdhörnchen überfährt und meint, das sei nun Fuchsnahrung, sind wir froh, unsere Beine etwas vertreten zu können. Wir beschliessen, eine kurze Wanderung auf einen Hügel zu unternehmen. Oben angelangt ist die ganze Pracht des Nationalparks ersichtlich. Die Sonne leuchtet die Landschaft durch die Wolkenfetzen hindurch punktuell aus, was optisch fast ein wenig surreal aussieht.
 
Was soll man da noch sagen, geschweige denn schreiben? Geniessen, geniessen und nochmals geniessen. Wir legen uns in das weiche Moos und lassen die Natur auf uns wirken.

 
 
 
 
 
 
 
Erfüllt und gesättigt von dem Erlebten erreichen wir den Ausgangspunkt um 2000 Uhr. Ein langer Tag mit viel Vorgeschmack auf die weitere Reise…

(Adi)

Montag, 25. August 2014

Wenn Blicke töten könnten vs Harmonie an Deck

Der Himmel ist zwar noch etwas wolkenverhangen, doch wir sind guten Mutes, dass morgen ein strahlender Tag sein wird. Warum? Weil wir schön ausgegessen und positive Gedanken zum Wettergott gesandt haben. Wir kuscheln uns in unsere Daunenschlafsäcke und nehmen noch eine Kappe Schlaf. Morgen geht’s um 0500 Uhr früh aus den Federn, da wir um 0600 Uhr am Dock der Fähre sein müssen. Zwar ist immer noch nicht ganz klar, ob wir mit der Fähre mitfahren können, da wir auf der Standby-Liste stehen. Doch die Chancen sollten laut der Schalterdame bei 99,9% liegen, was wir als definitiv verstehen. „Gute Nacht Simi, schlaf gut und träum was Schönes!“ – Doch was ist denn das? Ein junges Pärchen neben unserem Zelt scheint noch nicht müde zu sein. Sie hat wohl das Gefühl, die neue Lady Gaga zu sein, nur dass sie die Töne nicht trifft, was wiederum gaga tönt. Er muss Arthrose in den Fingern haben, denn seine kläglichen Versuche auf der Ukulele sind Gift für meine empfindlichen Ohren. Verständnis für die Mitmenschen haben, Rücksicht nehmen, Andersartig Sein akzeptieren. Ich als Heilpädagoge bin mir da einiges gewöhnt, doch auch ich habe eine Schmerzgrenze. Als das Gejaule um 0100 Uhr immer noch nicht aufhört, stehe ich auf. Die lästigen Musikanten von Luzern wissen, was dann kommt. Ich glaube, in solchen Momenten strahle ich wilde Entschlossenheit aus, meine Blicke räumen dann alles aus dem Weg, was Krach macht! Wir sind schliesslich auf dem Weg in die Stille!!! Ich muss nicht einmal etwas sagen, schon meint das verkannte Talent: „Ok, ok, I stop it!!“ Ich stimme dem schweigend zu, sende einen letzten bösen Blick dem Ukulelequäler zu und verkrieche mich wieder im Zelt. Es verbleiben noch vier Stunden Schlaf, bis der Wecker schrillen wird, doch endlich herrscht wieder Stille…

Etwas gerädert stehen wir pünktlich um 0600 Uhr vor dem Fährhafen. Wir sehen aus wie zwei Chinesen; gaaanz kleine Augen. Diese werden aber vor Freude umso grösser, als der (Entschuldigung, es ist schon wieder ein Drache) Fährdrache uns von der Standby-Linie auf die Fähre lotst. Trotz Simis Resistenz gegenüber Autoritätspersonen (oder solchen, die es zu sein glauben), der Einparklotse kann deuten und weibeln wie er will, parkt sie unser Gefährt gekonnt in eine kleine Nische.



Mit Kaffee und Pancake bewaffnet begeben wir uns auf Upperdeck. Einmal mehr begrüsst uns ein wunderschöner Morgen. Es wird eine sehr erholsame und eindrückliche Überfahrt nach Whittier.


Zwischenzeitlich werden wir von Seehunden, Orcas und Eisbergen eskortiert. Ich kann trotz Müdigkeit kaum den Finger vom Auslöser nehmen.
 
 
 
 
 
 
 
 
 
Ein Bild schöner als das andere. Mal ist die Landschaft eher melancholisch, dann wieder verspielt, gespickt mit mächtigen Gletschern, welche ins Meer kalbern. Einfach nur toll!!
 
 
 
 
 
 
 
 
 












Sogar die Luftwaffe hält an diesem Tag nichts mehr am Boden und sie gibt uns eine kleine, private Flugshow, während andere, von der Schönheit der Natur ganz erschlagen, vor sich hindösen und das Spektakel verschlafen...

(Adi)







Montag, 18. August 2014

Valdez

Wie bisher auch, lassen wir uns von der Grosswetterlage leiten. Im Moment sieht es Richtung Norden eher düster aus. Für die nächsten Tage ist Regen angesagt. Und da wir noch eine gute Woche Zeit haben, bevor wir uns mit René und Philipp in Fairbanks treffen werden, entscheiden wir spontan, einen Abstecher nach Valdez zu machen. Die ganze Fahrt über prasselt der Regen auf’s Autodach. Wir sehen es positiv – das Auto hat eine Wäsche eh dringend nötig. Pünktlich auf unsere Ankunft in Valdez klart es ein bisschen auf und trocknet ab. Wir sehen uns das Städtchen und den imposanten Hafen an.
































Valdez ist ja der Endpunkt der Öl-Pipeline, die von Prudhoe Bay ganz im Norden durch ganz Alaska eben bis Valdez führt. Hier wird das flüssige Gold dann in riesige Tanker abgefüllt, bevor es in die ganze Welt verschifft wird. Nichts erinnert hier mehr an das Tankerunglück der Exxon Valdez 1989. Aber wenn man sieht, wie hier eine ganze Region vom Fischfang lebt, kann man sich die Ausmasse dieser Tragödie für Mensch, Tier und Umwelt vorstellen.
In der Nacht regnet es dann noch einmal in Strömen – nun ist auch unser Zelt wieder sauber … . Den Morgen verbringen wir in der Tourist Information mit Skypen und Blog posten. Am Nachmittag scheint dann die Sonne und wir geniessen die hier eher raren Sonnenstunden. Morgen geht’s dann um 7 Uhr mit der Fähre Richtung Whittier, welches wir fünfeinhalb Stunden später erreichen werden. Da das Wetter für morgen gut aussieht, erhoffen wir uns eine spannende Überfahrt mit dem einen oder anderen Meerestier und atemberaubenden Einblicken in die rauhe Berg- und Gletscherwelt.

P.S. Heute hat zu Hause wieder die Schule begonnen. Darauf haben wir beim Frühstück angestossen (mit Kafi ;-). Und wir haben noch nicht einmal Halbzeit. Ein schönes Gefühl!

(Simi)

Zwei Anekdoten aus Tok

Drachentöter- oder wie ich eine Fischerlizenz für Alaska erwerbe

Angespornt von meinen ersten Fischfangversuchen (und natürlich dem Riesenfang des Hechtes), möchte ich in Alaska da weiterfahren, wo ich in Kanada aufgehört habe. Dazu brauche ich eine neue Fischerlizenz. In der Touristeninformation von Tok erkundige ich mich am Verkaufstresen nach den vorhandenen Möglichkeiten. Eigentlich bin ich ja gekommen, um zu fischen und nicht um Drachen zu töten. Doch hinter der Theke steht einer in seiner vollen Pracht; die Verkäuferin. Sie faucht mich auf jede Frage an und kann irgendwie nicht verstehen, dass ich etwas Mühe mit den amerikanischen Einheiten wie pounds, inches, libers usw. habe. Im Formular für den Erwerb der Fischerlizenz stosse ich dann auf eine weitere Knacknuss - meine Haarfarbe. Mmh, vorsichtig frage ich den Drachen, was sie da schreiben würde. Sie schaut zuerst auf den Zettel, dann mich an, prustet dann los und muss sich am Tresen festhalten. „Machen sie einfach einen Strich, hi, hi, hi“!

Das Eis ist gebrochen und ich könnte mit ihr Pferde stehlen gehen. Da es aber keine hat, verlasse ich mit der neuen Fischerlizenz in der Tasche die Touristeninformation, im Wissen, dass ich gerade einem Drachen das Lachen beigebracht habe.

(Adi)

 
 
 
 
 
 
Startprobleme

Bis jetzt verrichtet unser Auto gut und zuverlässig seine Arbeit. Doch an diesem Morgen gibt der Motor nur ein müdes Husten von sich. Schnell wissen wir, wo der Hund begraben liegt: Am Tag davor haben wir vergessen, die Innenbeleuchtung auszuschalten und während etwa 3 Stunden die Türen offen gelassen. So bequem es hier ist, mit einem Automatikgetriebe unterwegs zu sein, so mühsam ist es dann halt, mit einer leeren Batterie da zu stehen. Mit Anschieben kommt man hier nicht weit; da hilft nur Überbrücken. Es ist Sonntag. Trotzdem finden sich schnell einige Leute, die zwar sehr mitfühlend reagieren, uns aber dennoch nicht weiterhelfen können. Die häufigste Aussage ist: „In diesem Auto habe ich kein Überbrückungskabel dabei, es liegt zu Hause im Truck. Aber fragt den nächsten. Wir sind ja schliesslich in Alaska, da hat jeder so ein Kabel dabei.“ Das hören wir etwa fünf Mal, bevor wir endlich an zwei Forstarbeiter gelangen, die uns helfen können. Nach 10 Minuten schnurrt unser Wagen wieder wie gewohnt vor sich hin und unsere Reise kann – nach einem kurzen Stopp bei der Tankstelle um ein Überbrückungskabel zu kaufen - weitergehen.
 
(Simi)

Bye bye Kanada - Hello Alaska

So langsam aber sicher nähern wir uns dem nördlichsten Zipfel von Kanadas Westküste – Beaver Creek. Was nach weltbekanntem Ski-Weltcup-Austragungsort tönt, ist in Tat und Wahrheit einmal mehr ein winziges Nest. Allerdings mit netter Tourist Information. Auf dem Weg hierhin sitzt Adi am Steuer. Und da die Landschaft im Moment nicht gerade very exciting ist, blättere ich ein bisschen in der Milepost – dem Nordamerikanischen Reiseführer. Da erfahre ich, dass man bei der Einreise in die USA weder Feuerwaffen, noch Früchte, Gemüse, Alkohol höchstens 1 Liter pro Person, Tiere, Pflanzen und weiss ich was noch alles nicht über die Grenze nehmen darf. (Wenigstens ist es erlaubt, die Ehefrau mitzunehmen …). Waffen sind in unserem Fall kein Problem – in der Handhabung der Steinschleuder sind wir noch nicht ganz so weit, dass wir sie tatsächlich als Waffe einsetzen könnten. Dafür haben wir von allem anderen unseren Wagen voll. Erst gerade noch haben wir Grosseinkauf gemacht: Bier, Wein, Whiskey, Gemüse, Früchte „en masse“. Und auch Feuerholz liegt bereits fertig gehackt im Kofferraum. Ich sehe für unsere heutige Einfahrt in Alaska schwarz und wir stellen uns darauf ein, in Beaver Creek noch eine zusätzliche Nacht mit Fressorgie, Saufgelage und 1.August-Feuer einschalten zu müssen.

Doch erstens kommt es anders und zweitens als man denkt: Die nette Lady in der Touristeninformation in Beaver Creek, meint, dass ausser Äpfeln, Orangen, Waffen und Feuerholz alles andere kein Problem sei. Schliesslich sei hier Campieren ein Volkssport und dafür müsse man ausgerüstet sein … . Und wenn sie uns wäre, raunt sie uns noch zu, würde sie unbedingt weiterfahren. Hier gäbe es nichts zu sehen und zu tun.

15 Minuten später sind wir an „the last frontier“ – der Grenze zu Alaska. Der Zöllner fragt nach Waffen, Tieren und Pflanzen. Mit meinem charmantesten Lächeln und gutem Gewissen schüttle ich jedes Mal den Kopf und wappne mich für die Fragen, die nun noch kommen werden. „Enjoy your trip! Bye bye.“ Das war’s. Tja, da hab ich mir wieder einmal viel zu viele unnötige Gedanken im Voraus gemacht.

Wir fahren weiter bis Tok, der ersten und ebenso letzten Stadt in Alaska. Hier müssen alle durch, die auf dem Landweg nach Alaska kommen und eben auch alle, die Alaska auf diesem Weg verlassen. Nun ja, es gibt schönere und interessantere Orte. Aber für den Erwerb einer Fishing Licence reicht es allemal … ..

(Simi)

...und noch einmal werden die Beine beansprucht

Noch immer befinden wir uns im Kluane Provincialpark. Die Landschaft ist wild – Gletscher, starker Wind, ein grosser See, weite Ebenen mit undurchdringlichem Grün aus Nadelwäldern, Erlengebüsch und einer Art Alpenrosen-Gewächs.

Kaum hat sich der Muskelkater von unserer ersten Tour so richtig etabliert, gehen wir ein weiteres Mal auf Hikingtour. Nach all den Paddeltagen muss auch mal wieder die Beinmuskulatur an die Reihe kommen.

Dieses Mal soll es eine etwas gemütlichere Wanderung auf ein Plateau werden. Leider ist es laut Karte eine "Sackgasse", so dass wir gezwungen wären, dieselben 12 Kilometer Hinweg wieder zurück zu laufen. Und das ist halt schon nicht so nach unserem Geschmack. Aber es gibt nicht weit davon entfernt noch einen weiteren Trail, der sich evtl. zu einer Rundtour verbinden liesse.

Das Wetter ist gut und die Beine haben sich inzwischen auch wieder mit der neuen Aufgabe angefreundet. Also beschliessen wir auf dem Plateau, dem eigentlichen Endpunkt unserer Tour, zu einem Bach abzusteigen, der uns evtl. zum anderen Trail, sicher aber zum Ausgangsort zurückbringt. Wir finden einen relativ gut begehbaren Abstieg durch ein trockenes Bachbett zum Hauptbach, der in einem engen Canyon fliesst. Erst sind wir davon überzeugt, die ersten Menschen überhaupt zu sein, die dieses Bachbett begehen.
Doch dann treffen wir immer wieder auf alte verfallene Waschanlagen, Rohre und sogar eine Blockhausruine, die von früherer Tätigkeit in dieser unwirtlichen Gegend zeugt. Auf einer Informationstafel am Anfang des Trails haben wir gelesen, dass hier Gips vorkommt und früher auch abgebaut wurde.







Einen Weg gibt es hier trotzdem keinen (mehr). Und so mehr gleicht das Vorwärtskommen dem Himmel-und-Hölle-Spiel: 40 Meter auf der einen Bachseite und dann irgendwie mit trockenen Füssen von Stein zu Stein hüpfend auf die andere Seite – und so weiter. Das kostet Zeit und erfordert einiges an Aufmerksamkeit, denn die Steine sind rutschig.

Den unzähligen Spuren nach zu urteilen, ist dies eine der tierischen Hauptverkehrsachsen. Wolf, Dallschaf, Reh, Hirsch und Grizzlies sind hier regelmässig unterwegs. Die Tatzenabdrücke der Bären sind länger als unsere Fussabdrücke. Mit einem Mal überlegen wir uns, was wir machen, wenn uns hinter der nächsten Biegung Meister Petz entgegenkommen sollte. Einerseits haben wir auch hier wieder einen stetigen Gegenwind, zudem ist das Rauschen des Wassers so laut, dass er uns kaum hören kann und zu guter Letzt ist der Flusseinschnitt so eng, dass das Kreuzen eher unangenehmer Natur werden könnte. Herrscht hier Rechtsvortritt oder hat wie bei uns derjenige der den Berg hochkommt Vortritt oder gilt hier einfach das Recht des Stärkeren? Vorsichtshalber öffnen wir die Lasche unserer Bärensprays. Was würde ich in dem Moment darum geben, dass Adi heute Morgen ein ausgiebiges Hafer-Frühstück genossen hätte! Damit würden wir die Bären garantiert auf Abstand halten ... . Aber alles geht gut. Zwar scheint der Bach kein Ende nehmen zu wollen und einmal mehr wird der Tag länger als geplant. Der andere Trail ist auch nicht so ohne weiteres erreichbar, da er weiter oben auf der Krete entlangzuführen scheint. Aber schlussendlich erreichen wir doch noch müde und zufrieden den Parkplatz – um eine Erfahrung und ein Erlebnis reicher!

(Simi)

Gipfelglück- oder warum es ab sofort keinen Hafer mehr zum Frühstück gibt!


Haynes Junction ist ein spezieller Ort. Irgendwie da, doch trotzdem nicht fassbar. Eigentlich wie viele der Dörfchen/Weiler auf unserer Tour. Und doch hat man in jedem Visitorcenter den Eindruck, man befinde sich in einer der aussergewöhnlichsten Ortschaft der Welt. Da wird einem erzählt und erklärt, was man unbedingt sehen muss, auch wenn es nur die Bäckerei oder der extravagante, noch nie gesehene Holzschuppen im Juhee draussen ist. Jedenfalls kann uns die Rangerin von einer Bergtour überzeugen, welche ganz in der Nähe zu unternehmen ist. Auf der Karte ist die Tour als „very difficult“ eingestuft worden. Bestens denke ich mir, dies ist durchaus im Sinn von Simi und mir (natürlich gehe ich davon aus, dass die Kanadier übertreiben und die geplante Tour einer Wanderung auf den Pilatus entspricht). Jedenfalls haben wir uns mit einem grossen Frühstück gestärkt. Simi mit Brot und Nutella, ich mit einer feinen Portion Hafer, welche mir (wie auch Simi) noch lange in der Nase hängen bleiben sollte.

Gestärkt und mit je einem Pfefferspray ausgerüstet ziehen wir los. Wie schon in Ostkanada sind die Trails mit roten Bändern markiert. Dies macht vor allem den Einstieg zu einer Wanderung etwas leichter, da schon ein paar Meter neben der Strasse nur noch dichtes Gestrüpp herrscht. Nach wenigen Metern sehen wir die ersten Bärenhaufen vor sich hindampfen, ein Zeichen, dass von uns vom ersten Schritt an Aufmerksamkeit gefordert wird. Laut sprechen soll ja helfen, die Bären vorzuwarnen. Doch was soll man sich die ganze Zeit erzählen? Wir gehen etwelche Rezepte durch, sprechen über das Wetter, bis wir schlussendlich ein paar lustige Wanderlieder singen. Und es hilft, wir sehen keine Bären…

 

 
 
 
Nach circa  einer halben Stunde sehen wir dann, weshalb der Weg als sehr schwierig eingestuft wird; es hat keinen Weg mehr. Doch dies ist kein Problem, da wir einem Bachlauf folgen können. Nach rund zwei Stunden beginnt das Gelände steiler zu werden. Zuerst hat es noch etwas Gras, anschliessend nur noch Schutt. Und inzwischen ist das Gelände nicht mehr nur steil sondern sehr steil. Zwei Schritte nach vorne, einen zurück. Ich weiss, dass dies überhaupt nicht „Simigelände“ ist und warte auf murrende Laute. Doch sie läuft wie ein Duracell-Häsli stetig nach oben. Da bleibt mir nichts anderes übrig, als zu versuchen, Schritt zu halten. Nicht ganz einfach, denn der am Morgen noch fein schmeckende Hafer beginnt bestialische Dämpfe in meinem Darm zu bilden. Die dünner werdende Luft, vermischt mit meinen Methangasen, lassen meine Kräfte schwinden. Erschwerend kommt hinzu, dass ein zugiger Aufwind die Dämpfe ungehindert um meine Nase wehen lässt, anstatt sie weit weg zu blasen. Sogar Simi, welche in rund 50 Meter Abstand vor mir läuft, wird zwischenzeitlich etwas grün im Gesicht und beschwört mich, in Zukunft auf das Haferfrühstück zu verzichten - ich stimme dem für einmal ohne Einwände zu!!!

Nach der Aufstiegstortur dann aber der Hammer. Vor uns breitet sich eine unglaubliche Weitsicht aus. Es macht fast den Anschein, dass wir in einem Flugzeug sitzen und über die Weiten des Kluanegebiets fliegen. Wir stellen uns vor, wie es wäre, mit dem Gleitschirm loszufliegen und mit dem Adler, welcher in diesem Moment um den Gipfel kreist, auf Strecke zu gehen.













Der starke Wind, der uns beim Aufstieg begleitet hat, ist wie von Zauberhand verschwunden und wir können das Panorama im T-Shirt geniessen; es esch de absoluti Wahnsinn!!

Der folgende Abstieg ist schnell erledigt, da wir viel auf dem losen Gestein nach unten rutschen können.

Beobachtet werden wir von zwei neugierigen Murmeltieren, welche sich in der späten Nachmittagssonne räckeln. Nach einer weiteren Stunde über moosiges, weiches Hinterland wandernd, kehren wir zum Parkplatz zurück. Es ist ein langer Tag gewesen, doch einmal mehr sind wir erfüllt vom Erleben der wunderschönen, wilden Natur Kanadas. Und eines weiss ich mit Bestimmtheit: ab sofort gibt’s zum Frühstück keinen Hafer mehr….

 

(Adi)

Sonntag, 17. August 2014

Whitehorse


Es ist schon so: Nach einigen Outdoortagen schätzt man eine warme Dusche, ein gutes Stück Fleisch, ein Dach über dem Kopf, das man nicht zuerst selber aufstellen muss, … umso mehr. Luxus, der sonst alltäglich und selbstverständlich ist, wird einem plötzlich wieder viel bewusster.

Whitehorse gefällt uns auf Anhieb. Es ist eine kleine hübsche Stadt mit netten Einwohnern, interessanter Geschichte und sympathischer Atmosphäre. Alles ist in Gehdistanz erreichbar, für einmal kann man also auch ohne Auto unterwegs sein. Am Morgen ist es regnerisch und kühl. Wir entschliessen uns, endlich einmal etwas für unsere kulturelle Weiterbildung zu tun. So sind wir z.B. wirklich beeindruckt, wie die frühere Schifffahrt auf dem Yukon River ausgesehen hat.
 
 
Auf der restaurierten SS Klondike – einem dieser berühmten Schaufelraddampfer – lassen wir uns um knapp hundert Jahre in die Vergangenheit zurück versetzen …















Nach einem Sightseeing- und Erholungstag gönnen wir uns zum Abschluss noch ein unglaublich feines Znacht in einem unscheinbaren Restaurant. Adis Bauchgefühl hat uns da hinein geführt. Noch etwas skeptisch bestelle ich einen Lachssalat und Adi ein Steak. Als dann die Teller kommen, haut es uns fast um. Wow! Toll angerichtet und noch besser zum Essen! Wir überlegen uns sogar ernsthaft, zum Dessert noch einmal das Steak zu bestellen … . Auch ein Grund, weshalb uns Whitehorse in so gut Erinnerung bleiben wird.

 

(Simi)

Ein "never ending" Paddeltag

Nach Adi’s Hechtfang und dem feinen Frühstück beschliessen wir, den Tag langsam angehen zu lassen und erst einmal in Ruhe zu verdauen. Wir vermuten, dass wir bereits kurz vor dem Einfluss des Nisutlin River in die Nisutlin Bay sind. Aber eben, die Karte hat einen so grossen Massstab, dass wir mehr erraten als erkennen, wo wir wirklich sind. Wir überlegen, ob wir auf dieser wunderschönen Kiesinsel eine zweite Nacht bleiben und dann dafür am nächsten Morgen um 5 Uhr aus den Federn kriechen wollen. Wie gesagt kann der Wind in der Bay plötzlich ziemlich ruppig werden – laut Auskunft von Doug v.a. ab dem Mittag. Wir wollen auf der sicheren Seite und spätestens bis 12 Uhr wieder in Teslin sein. Deshalb beschliessen wir um 17 Uhr ziemlich kurzfristig, doch noch einige Meter zu Paddeln und irgendwo im Mündungsbereich noch einmal zu übernachten.

Wir rechnen mit 1 – 2 Stunden auf dem Wasser. Es wird 18 Uhr, dann 19 Uhr. Und noch immer ist das Kabel, von dem wir wissen, dass es kurz vor der Bay über den Fluss führt, nicht in Sicht. Irgendwie will die Freude am Paddeln heute nicht so recht aufkommen.






Gott sei Dank bringen zwei Elch-
beobachtungen und etliche Biber uns zwischendurch wieder auf andere Gedanken. Um 20 Uhr setzt Galgenhumor ein: Wir spekulieren, ob wir wohl die Abzweigung verpasst hätten und nächstens irgendwo ins Meer gespült werden, wo die Menschen dunkelhäutig und die Sprache unverständlich ist … Um 21 Uhr wetten wir, nach wie vielen Windungen das Kabel kommt. Ich bin für einmal die Optimistin und rechne mit 3 Kurven, während Adi vorsichtiger kalkuliert und noch 5 Turns bis zum Kabel prognostiziert. Aber niemand von uns hat recht – leider! Noch selten habe ich ein Kabel so herbeigesehnt. Zu allem Übel befinden wir uns auch noch in einer sehr sumpfigen Gegend und die Dämmerung setzt ein – ideale Bedingungen für die verd… Blutsauger. Um kurz vor 22 Uhr haben wir beide die Nase gestrichen voll.
  
Auf der nächstbesten Sandbank landen wir an, stellen in Rekordzeit unser Zelt auf und verkriechen uns mit einem Sack Chips und zwei Bier in unseren Schlafsäcken. Dieses Znacht wird definitiv nicht als das Romantischste unserer Reise in die Annalen eingehen.

Am nächsten Morgen kriechen wir um kurz nach 6 Uhr aus den Federn, nicht wissend ob bzw. wann wir die Bay erreichen und wie die Windverhältnisse dann sein werden. Schon während der vergangenen vier Tage hatten wir immer wieder auffrischenden Gegenwind. Dank der Strömung ging es trotzdem stetig flussabwärts. Auf einem See kann das dann schnell ein bisschen anders aussehen.

Jedenfalls stellen wir bald fest, dass es aussichtslos gewesen wäre, am vorherigen Abend noch weiter zu paddeln (trotz Vollmond). Es dauert noch geschlagene viereinhalb Stunden, bis wir endlich die Bay erreichen. Und – wie könnte es anders sein – bläst zu allem Übel bereits um 11 Uhr ein starker Gegenwind und lässt Schaumkrönchen tanzen. Puh, nun müssen wir wieder einen Gang höher schalten. Und trotzdem ziehen die Bäume am nahen Ufer nur quälend langsam an uns vorüber. Kurz vor Mittag schalten wir eine Pause ein. Mit etwas Warmem im Magen sieht doch die Welt gerade wieder anders aus. Auch die Windgöttin zeigt sich nachsichtig und lässt den Wind etwas weniger heftig und eher seitlich als ganz von vorn wehen. Plötzlich kommen wir erstaunlich zügig vorwärts und die markante Brücke von Teslin, welche schon von weitem sichtbar ist, lässt letzte Kraftreserven frei werden. Endlich – nach fast siebeneinhalb Stunden Paddeln - sind wir am Ziel.

Boot zusammenpacken, tanken, noch ein Softeis, eine Cola und ein Kafi für unterwegs und dann geht’s noch einmal knapp zwei Stunden weiter nach Whitehorse. Und kaum sitzen wir im Auto, beginnt es zu regnen. Da fällt uns die Entscheidung leicht, uns wieder einmal den Luxus eines Hotels zu gönnen.

(Simi)

Sonntag, 10. August 2014

Petri heil!

 
Eigentlich habe ich mir vorgenommen, heute etwas früher aus den Daunen zu kriechen. Doch irgendwie ist’s heute so schön warm und gemütlich im Zelt, dass ich das Aufstehen noch um eine Viertelstunde herausschiebe. Leise plätschert draussen der Fluss vorbei und die ersten Vögel pfeifen ihr Morgenlied. Es ist schön, einfach nur da zu liegen und den Geräuschen zuzuhören. Keine Termine, welche anstehen, keine Vorschriften, welche ich einhalten muss; Anarchie pur;).
 
Doch wie jeden Morgen bin ich neugierig, wie das Wetter draussen ist. Also strecke ich den Kopf durch den Zelteingang und erblicke einen mystischen Morgennebel über dem Fluss.
Schnell ziehe ich mich an, packe die Kamera und gehe auf Motivsuche. Die Tipps vom Schwiegervater im Ohr versuche ich, alles richtig zu machen: Beim Weitwinkelobjektiv ein Motiv im Vordergrund haben, wechseln auf das Tele, kniend, liegend, halb im Handstand, so macht Frühsport doch Spass!

Als weiteren Zeitvertreib und Nahrungsbeschaffung habe ich meine Fischrute von zu Hause mitgenommen. Leider waren all meine Versuche, einen leckeren Fisch zu fangen, bisher erfolglos. Langsam aber sicher beginne ich an meinen Fischerfähigkeiten zu zweifeln. Oder liegt es daran, dass Simi mir keinen Fischergruss auf den Weg gegeben hat? Um mich nicht dauernd bei ihr rechtfertigen zu müssen, (wie z.B. „heute war schlechte Sicht“ oder „die Wassertemperatur stimmte nicht genau“) warum ich keine Fische fange, gehe ich heute auf heimliche Übungsmission. Und ich staune nicht schlecht, als es nach dem vierten Wurf an der Angel zupfte Geht doch! Leider ist es aber auch diesmal nur etwas Seegras und dieses schmeckt einfach nicht so gut auf dem Grill. Ein Blick zurück zum Zelt bestätigt mir, dass Simi noch schläft und ich noch etwas Zeit habe, mich als richtigen Jäger und Ernährer zu profilieren.

Drei weitere Würfe und schon wieder Seegras, äh, nein, das ist ein Fisch! Zuerst kann ich es fast nicht glauben, doch als ich die Angelschnur einziehe, kommt er, etwas widerwillig zwar, an die Wasseroberfläche. Puuh, ein Mordshecht, so wie bei der Musikband „Patent Ochsner“, nur, dass er mich nicht reinzieht, sondern ich ihn raus. 
Wie auf Kommando kommt Simi aus dem Zelt und gemeinsam freuen wir uns über unseren ersten Fisch. Simi übernimmt das Bannokbacken, ich das Zubereiten des Fischs. Ich muss sagen und das ohne zu bluffen, es mundete beides besser, als das Essen in der Business-class beim Hinflug. Ich freue mich auf weitere, saftige Fische!!!
 
(Adi)



Samstag, 9. August 2014

Auf dem Nisutlin-River

Am nächsten Morgen sind wir noch unschlüssig, wie unser Programm aussieht. Sollen wir nach Atlin weiterreisen? Dort soll es scheinbar schöne Kanutouren auf dem grossen See geben. Oder sollen wir hier den Teslin River befahren? Wir entscheiden uns, mehr über die zweite Variante in Erfahrung zu bringen. Paddeln auf dem See ist halt schon nicht so reizvoll wie das Befahren eines fliessenden Gewässers. Andererseits muss man bei Flüssen immer auch irgendwie an den Ausgangspunkt respektive wieder zurück zum Auto gelangen.  

Teslin besteht aus weniger als 50 Häusern. So haben wir schon am Abend vorher gesehen, dass vor einem Haus ein grosses Schild mit dem Hinweis „Kanutouren und Ausrüstung“ steht. Nun klopfen wir hier also an und erkundigen uns nach Möglichkeiten einer Kanutour auf dem Teslin River bzw. eines Shuttles an den Ort des Einwasserns. Doug ist der Bewohner dieses Häuschens. Und nach und nach stellt sich dann heraus, dass er Kanutouren, Ausrüstung und Logistik mehr als Nebenerwerb anbietet und wir eigentlich Glück haben, dass er am Dienstag um 11 Uhr zu Hause ist und nicht im Wald am Holz fällen. Wir müssen ihm die Infos anfänglich etwas aus der Nase ziehen. Der Teslin River sei eher als längere Tour gedacht (ca. 8 – 10 Tage). Aber der Nisutlin River wäre eine mögliche Tour. Einfach aber sehr schön. Also genau das, was wir gesucht haben. Doug würde uns an den 140 km entfernten Ausgangspunkt bringen. Der Shuttle kostet 250 Dollar. Wir schlucken leer und fragen nach kurzem Zögern, ob es auch günstiger geht. Doug überlegt und meint dann: „Ja, wenn wir mit eurem Auto fahren.“ Da sich aber herausstellt, dass zwei Drittel der Strecke Schotterpiste ist, verzichten wir auf dieses Angebot und entschliessen uns, die Tour trotzdem zu machen.  

Eine Stunde später sind wir startbereit. Als wir Dougs Auto sehen, überlegen wir noch kurz, ob wir nicht doch unseres nehmen sollen. So einen Rosthaufen haben wir schon lange nicht mehr gesehen. Sein richtiges Auto sei halt gerade in der Garage … .

Nun denn, komme was wolle – los geht’s. Der erste Streckenteil auf dem Alaska Highway verläuft problemlos. Mit jedem Kilometer wird Doug gesprächiger und wir erfahren, dass dieses Auto „erst“ 24 jährig sei. Schluck! Dann biegen wir ab auf die Gravel Road. Ich sitze hinten und fresse Staub. Da die Heckklappe kaputt ist, mussten wir unser Gepäck durch die Heckscheibe, die sich öffnen lässt, in den Kofferraum packen. Diese Scheibe ist noch immer offen und führt dazu, dass innert kürzester Zeit alles mit einer feinen Staubschicht bedeckt ist. Je länger wir auf der Schotterpiste fahren, umso grösser werden die Schlaglöcher. Ich überlege, ob vor 24 Jahren die Stossdämpfer schon erfunden waren. Bei den heftigsten Löchern werde ich fast durchs Autodach geschleudert. Nun, das ginge ja noch. Doch mit zunehmender Dauer macht sich der Liter Kaffee, den ich heute Morgen getrunken habe, immer deutlicher bemerkbar. Eine volle Blase und Schlaglöcher vertragen sich definitiv schlecht … . Irgendeinmal wird dann ein kurzer Stopp unausweichlich, dafür kann ich die nächste Stunde wieder an anderes denken als nur an meine volle Blase. Z.B. welch guter Entscheid es war, nicht unser Auto dieser Tortur auszusetzen. Nach geschlagenen zweieinhalb Stunden sind wir endlich am Ausgangspunkt unserer Kanureise. Doug hat uns noch eine Karte mitgegeben, jedoch auch gesagt, dass sie nicht sehr genau sei. Wir wissen einfach, dass die Strecke bis in die Nisutlin Bay ca. 140 km lang ist und dass die ca. 10 km vom Einfluss des Nisutlin bis nach Teslin mit Vorteil am Morgen gefahren werden, da auf dem See spätestens ab dem Mittag sehr starker und böiger Gegenwind herrscht.  

Nun sind wir also mutterseelen allein am Paddeln. Der Fluss ist zwischen 30 – 200 Meter breit und von der Strömung her mit den einfacheren Streckenabschnitten der Reuss oder der Aare vergleichbar. Wir schätzen, dass wir mit etwa 7 – 9 km/h vorwärtskommen. Wenn wir jeden Tag 4 – 5 Stunden  paddlen, sollten wir am Samstag, dem fünften Tag nach unserer Abfahrt, zurück sein. Da wir am ersten Tag erst um 17 Uhr starten, gibt es da nur eine kurze Etappe. Der Fluss mäandriert stark und in praktisch jeder Kurve hat es wunderschöne Kiesbänke, welche sich zum Biwakieren anbieten. Die Plätze sind absolut perfekt: Das Schwemmholz ist knochentrocken und liegt zur Genüge herum, die Kiesstrände sind flach, das Wasser sauber. Wer die Wahl hat, hat die Qual. Und so ist bei der Auswahl des Übernachtungsplatzes häufig die Sonne das Hauptkriterium.  

Ein kleiner Einschub, wenn wir schon mal von der Sonne sprechen: Während die Schweiz im Wasser zu versinken scheint, hatten wir hier im letzten knappen Monat genau einen Tag Regen! Zwar sind die Tage hier auf dem Nisutlin River keinesfalls wolkenlos. Aber nass werden wir nicht. Wir sind doch schon ziemlich nördlich und die Tage dementsprechend lang. Die Sonne geht erst um etwa 21 Uhr unter und um 6 Uhr wieder auf. Und oft sind die Morgen- und Abendstunden klar und wolkenlos, was ganz besondere Stimmungen entstehen lässt. Während des Tages nehmen Bewölkung und Wind zu und die Temperaturen liegen zwischen 10 – 20 Grad. Heute Morgen hatten wir bereits etwas Reif auf dem Zelt. Doch wenn dann die Sonne kommt, wird es schnell angenehm warm. Und der Vorteil der kalten Nächte ist, dass wir praktisch keine Moskitos und sonstige lästige Viecher mehr haben.  

Und nun noch etwas zur Beruhigung aller besorgten Mütter, Väter und anderen Menschen: Es ist definitiv nicht so, dass die Bären, Wölfe und anderen "gefährlichen" Tiere nur darauf warten, einen zarten Paddler auf den Speiseplan zu bekommen (natürlich vorausgesetzt, man hält sich an die wichtigsten Spielregeln). Nur mit viel Glück und Geduld bekommt man diese Tiere zu Gesicht. 

Bis jetzt konnten wir Biber, ein Stachelschwein, Weisskopfseeadler, und vier Elche beobachten. Und gestern Morgen wurden wir vom Heulen der Wölfe geweckt. Ein schaurig schöner Morgengruss. Sie klangen nah, doch gesehen haben wir leider keinen dieser scheuen Gesellen. Nur die Grizzlys halten sich noch bedeckt. Aber wir sind sicher, dass wir in den nächsten 6 Wochen auch die noch zu Gesicht bekommen werden. 

(Simi)