Montag, 8. Dezember 2014

Warten

Da wir das Flugzeug erst auf den 9. September bestellt haben und somit zwei Tage zu früh in Kobuk eingetroffen sind, sitzen wir die Zeit aus. Unglücklich darüber sind wir nicht. René baut eine Outdoor-Dusche, wir waschen Wäsche (halt von Hand) und die Schlafsäcke können wieder einmal richtig an der Sonne ausgelüftet werden.

Philipp und ich gehen um die Mittagszeit zu Guy an die „Metzgete“. Wir sind fasziniert, unter welch einfachen Bedingungen die Tiere auseinander getrennt werden. Es gibt einen Gartentisch, eine Handsäge, verschiedene Messer und natürlich die eigenen Hände. Guy löst das Fell des Karibus, indem er seine Hände wie einen Spatel braucht. Er hat unsere volle Aufmerksamkeit und geniesst es dementsprechend. Es knackt und reisst und immer wieder kichert Guy vor sich hin. Er ist Jäger mit Leib und Seele.

Zum Schluss schenkt er uns ein grosses Stück Karibufleisch. Als Gegenzug backen wir ihm und der Familie ein feines Brot, über welches sich alle freuen. Essen verbindet, macht Freude und - verbindet!
 
Heute sollte uns der Pilot von Kobuk abholen und an den Circle Lake fliegen. Ich habe mit Judy, der Managerin von der Brooks Range Aviation per Satellitentelefon vereinbart, dass wir am Nachmittag fliegen können. Nachmittag ist jedoch ein Begriff, welcher zeitlich nicht genau definiert ist. Und so stehen wir um 1200 Uhr abflugbereit am Fluss und warten. Wir verbringen die Zeit mit fischen, reden, dösen und Schokolade knabbern. Immer wieder suchen wir am Himmel nach Anzeichen eines heranknatternden Wasserflugzeugs, doch Fehlanzeige. Um 1700 Uhr bin ich mir mehr ganz sicher, ob ich Judy durch das Rauschen des Satellitentelefons richtig verstanden habe. Ich versuche darauf zu vertrauen, dass alles rund läuft und der Pilot seinen Flug einfach noch etwas geniesst.
 
1800 Uhr. Ich schaue zu meinen Weggefährten hinüber und versuche sie noch etwas bei der Stange zu halten. „Geben wir ihm doch noch eine halbe Stunde. Wenn er dann immer noch nicht da ist, dann...“ Doch ich muss gar keine weiteren Gedanken an das Wenn verschwenden, denn in diesem Moment vernehmen wir das Knattern des Beavermotors. Der Pilot kreist ein, zweimal über dem Kobukriver um die Landesituation zu checken. Wir wiederum verstauen noch schnell all den kleinen Plunder in den Taschen und nehmen Abschied von unseren Eskimofreunden. Wir wissen alle, es wird ein Wiedersehen geben! Gemeinsam spucken wir einen Grünen und einen Braunen auf den Boden - so geht das!

(Adi)

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