Montag, 8. Dezember 2014

Unser Projekt (Idee, Reiseroute, Reisegspändli)

Schon lange hegt Adi den Traum, einmal mit dem Kanu auf Alaskas unberührten Flüssen unterwegs zu sein. Zu dem Zeitpunkt, als mich Adi in seine Projektidee einweiht, verbinde ich Alaska in erster Linie mit Kälte, was mich, die Sonne und Wärme über alles liebt, ein bisschen vom allzu enthusiastischen Mitfiebern abhält. Nichts desto trotz lasse ich mich von Adis Begeisterung anstecken, bedinge mir aber aus, sein Projekt mit einer Reise durch Westkanada zu verbinden.  

Durch zwei Besuche bei Chlaus Lötscher, wird die Paddel-Idee konkreter. Chlaus’s zweite Heimat ist Alaska. Er hat viele Jahre dort gelebt und Touren in die abgelegensten Winkel dieses Landes geführt. Zudem ist er der Bruder eines Lehrerkollegen von uns. Als Adi mit ihm Kontakt aufnimmt, lädt er uns spontan zu sich ins Berner Oberland ein. Es werden spannende Begegnungen, die mit vielen wertvollen Informationen, amüsanten Anekdoten und mitreissender Begeisterung für diesen wilden Teil der Erde gespickt sind. Chlaus, herzlichen Dank für deine Unterstützung, Vorschläge und Tipps!  

Vor ungefähr einem Jahr stand dann die grobe Reiseroute fest:

Flug nach Vancouver, Kauf eines Autos in Seattle, Fahrt durchs Okanagan Valley zu den Rocky Mountains und von dort aus auf dem Cassiar Highway nach Alaska. In Fairbanks Verkauf des Autos und dann für vier Wochen ab in die Wildnis.  

Für unsere Paddeltour mussten wir zuerst von Fairbanks nach Bettles fliegen. Diese kleine Siedlung in der Nähe des Polarkreises ist Ausgangspunkt für die meisten Ausflüge in die Wildnis.
 

Kobuk River:

Schwierigkeitsklasse 1 – 2, mit einer ca. 500 m lange Stromschnellenstrecke (Upper Canyon), die auf einem Trampelpfad umtragen werden muss und ca. 1 km Stromschnellen, welche je nach Wasserstand und Bootstyp gefahren, getreidelt oder umtragen werden kann (Lower Canyon).

Mit dem Wasserflugzeug von Bettles zum Walker Lake. Von dort ca. 180 - 200 km bis zum Eskimodorf Kobuk. Eingeplante Zeit: 12 – 13 Tage. Effektiv gepaddelt: 9 Tage.

 Alatna River:

Schwierigkeitsklasse 1 – 2.

Von Kobuk mit dem Wasserflugzeug auf den Circle Lake. Von dort ca. 200 – 230 km bis zum Indianerdorf Allakaket. Eingeplante Zeit: 14 – 15 Tage. Effektiv gepaddelt: 10 Tage. Von dort mit dem regulären Postflieger zurück nach Fairbanks.
 

 
 
Wir würden die Reise wieder genau gleich planen. Sehr bewährt hat sich, dass wir - entgegen unserer ersten Überlegung – die Reise vom Süden in den Norden gemacht haben. So hatten wir in Kanada richtig heisses Sommerwetter und in Alaska dann die wunderschönen Herbstfarben, viele Tierbegegnungen und vor allem praktisch keine lästigen Moskitos, Blackflies und Sandflies mehr. Zudem ist das Wetter am Polarkreis im Herbst oft schöner als in den zum Teil sehr regenreichen Sommermonaten.
 

Beim Paddeln begleiteten uns mit René und Philipp zwei ebenso outdoorbegeisterte und naturverbundene Menschen, wie wir selbst es sind. Einerseits ist es kurzweiliger, in dieser Abgeschiedenheit zu viert unterwegs zu sein. Und andererseits ist es auch sicherer.

 
 
 
Danke euch beiden für die vielen schönen Momente, das gemeinsame Lachen, Austauschen, Kochen, Essen, Geniessen, … - für das gemeinsame Unterwegssein!
 
(Simi)
 
 
 
Foto René
 

Haben wir deine Neugier auf Abenteuer geweckt? Hast du selber mal Lust, diese spannende und urtümliche Natur Alaskas kennen zu lernen und sie zu erleben? Wir stehen  dir für Fragen und Tipps jederzeit zur Verfügung.

Gerne können wir auch gemeinsam unterwegs sein, wenn du von unserer langjährigen Outdoor-Erfahrung profitieren möchtest. So wirst du anschliessend bereit sein, selber deine eigenen Projekte starten zu können. Ganz nach dem Motto:

"Das Abenteuer beginnt mit der Idee."


Wir freuen uns, von dir zu hören!

Simi und Adi Wicki-Hahn
Untere Dattenbergstrasse 19
CH-6005 Luzern
+41 41 534 32 30

Back to civilisation

Wie ich die erste Dusche im Hotel in Anchorage geniesse! Minutenlang lasse ich das warme Wasser über meinen Körper rieseln und bekomme nicht genug davon. Eigentlich haben wir vier uns eine halbe Stunde nach dem Einchecken zum Nachtessen verabredet. Aber die halbe Stunde reicht nirgends hin. Als wir dann endlich alle sauber, wohlriechend und mit einer wohligen Müdigkeit in der schummerigen Bar sitzen, wird gerade die letzte Runde ausgeschenkt. Auch der erste Schluck Bier ist ein spezieller Genuss! Mit unserem ganzen Charme können wir den Kellner schliesslich dazu überreden, uns doch noch ein paar Chickenwings mit Pommes zu bringen. Und irgendwie sind wir ihm sympathisch, denn nach 10 Minuten kommt er noch einmal vorbei und fragt, ob wir nicht noch Lust auf ein zweites Bierchen hätten. Was für eine Frage …! 

Die nächsten Tage bis zu unserem Abflug Richtung Heimat verbringen wir mit Shopping, einer Velotour dem schönen Küstenweg entlang und einer letzten Wanderung (allerdings der ersten ohne Pfefferspray, der nicht in Linienflugzeuge mitgenommen werden darf). Petrus meint es noch einmal so richtig gut mit uns. Die Tage sind warm und die Sonne scheint vom wolkenlosen Himmel.

So haben wir Zeit, uns langsam wieder an den Verkehr, die Menschenmassen, die geregelten Abläufe wie Fahrpläne, Auscheck-Zeit und ähnliches zu gewöhnen.

 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
Foto René
 
 
 
 
 

 
Foto René


Unser Hotel liegt am meistfrequentierten Wasserfliegersee Alaskas. Es scheint, dass die Einwohner Alaskas Flugzeuge haben wie wir Fahrräder. Auf der grossen Terrasse vor dem Hotel lassen wir die Tage bei tieforangen Sonnenuntergängen, Bier, Pommes und anderen amerikanischen „Köstlichkeiten“ sowie im 5-minuten-Takt landenden Wasserflugzeugen ausklingen.  
 
An einem unserer letzten Morgenessen erhalten wir noch ein ganz spezielles Andenken an Alaska. Wir sind gerade am Bestellen, als auf einmal der Boden zu vibrieren beginnt. Es fühlt sich an, als würde jemand mit schweren Schuhen auf einem Bretterboden rumtrampeln. Erst als der Kellner sich nicht mehr auf unsere Bestellung konzentriert und uns auffordert, von den grossen Panoramafenstern zurückzutreten, realisiere ich, dass die Erde bebt. Und zwar so richtig heftig. Die blonde Amerikanerin am Nebentisch schreit hysterisch auf: „Oh, my god! Let’s go out!!!“ Tisch und Wände beben, die Säulen, welche die Decke stützen wanken – und mir rutscht das Herz in die Hose. So hoch war mein Adrenalinspiegel die letzten Wochen tatsächlich nie. Zwar ist bekannt, dass die Gegend zu den erdbebenreichsten der Welt gehört. Um Anchorage werden täglich leichte Erschütterungen gemessen. Doch dass dieses Beben stärker ist als üblich, beweisen die nach draussen geeilten Einheimischen. Und im Internet können wir uns kurz darauf Bilder von umgekippten Büchergestellen und leergeschüttelten Supermarkt-Regalen anschauen. Einige Tage früher hätte mich ein solches Erdbeben wahrscheinlich weit weniger erschreckt. Aber es kommt halt schon noch drauf an, ob man über sich einige Tonnen Beton oder nur Himmel hat … . 

(Simi)


Ankunft im Indianerdorf Allakaket

Wie gesagt, es ist Samstag, kurz nach vierzehn Uhr, als wir in Allakaket einfahren. Ein junger Indianer, der am Fischen ist, begrüsst uns. Noch etwas zurückhaltend erkundigt er sich nach dem Woher und dem Wohin. Wir unsererseits fragen, wann denn von hier der nächste Flug nach Fairbanks gehen wird. Die Auskunft, dass erst am Montag wieder geflogen wird, versetzt uns nicht gerade in Jubellaune. Das nassgraue kalte Wetter und die doch etwas trostlos wirkenden Bretterhütten mit dem gewohnten Chaos rundherum, wirken nicht allzu gastfreundlich. Dann werden wir halt den Laden plündern und uns mit sündhaft teurer Schoggi und Cola aus der Dose in Festlaune bringen. Doch das bleibt, wie sich bald herausstellt, Wunschdenken. Doug, der Indianer, erklärt uns, dass der Dorfladen nämlich von samstags 14 Uhr bis montags um 9 Uhr geschlossen hat. Die Stimmung sinkt gegen den Nullpunkt. So haben wir uns unsere Einfahrt in Allakaket definitiv nicht vorgestellt.


Foto René
Doch in Doug haben wir einen gefunden, der sich rührend um uns kümmert und uns hilft, so gut er kann. So dürfen wir unsere Zelte vor der alten Räucherhütte seiner Eltern am Dorfrand aufschlagen.
 
 
 
 
Seine Eltern, die beide über 70 sind, bemühen sich auf dem Quad her, um uns kennenzulernen. Ganz spontan bietet Dougs Mutter uns an, im Büro des Postfliegers anzurufen, um für uns vier und unser Gepäck schnellst möglich ein Plätzchen zu reservieren. Und tatsächlich werden wir dank ihr mit dem ersten Flieger am Montagmorgen nach Fairbanks fliegen können. Ohne ihre unkomplizierte Hilfsbereitschaft wären wir wahrscheinlich nicht so schnell von Allakaket
weggekommen, hat es doch am Montagmorgen einige Indianer, die auf gut Glück auf einen freien Platz im Flugzeug spekulieren.
Von Gemütlichkeit kann bei unserem Aufenthalt hier keine Rede sein. Das Wetter zeigt sich von seiner garstigen Seite. In der Nacht schneit es dann sogar leicht. Und die Indianerkinder, die uns immer mal wieder neugierig einen Besuch abstatten kommen, rennen tatsächlich noch in kurzen Hosen und T-Shirt herum …

Unsere Lebensmittelvorräte haben wir uns so eingeteilt, dass wir mit leeren Fässern im Ziel einlaufen können. Spätestens jetzt bereuen wir dies. Für die nächsten knapp zwei Tage bleiben uns noch: 1 Pack Suppe, 1 Pack Popcorn-Mais, 500 g Mehl für ein kleines Brot, eine Handvoll Teigwaren und für jeden von uns 3 Riegel. Gerade, wenn man sonst nichts zu tun hat, wäre Kochen und Essen ein schöner Zeitvertreib. Zudem hat man so viel mehr Zeit ans Essen und somit auch das Loch im Bauch zu denken.


Foto René
Aber in Doug haben wir wirklich einen „guten Samariter“ gefunden. Von einem Geburtstagsfest, an welchem er am Abend eingeladen ist, bringt er uns einen Teller mit Elchragout, Spaghettis und einem Auflauf mit. Zudem organisiert er, dass wir am Sonntag mit einem der drei Autos, welche es in Allakaket gibt, zur Flugpiste gefahren werden. Erst überlegen wir uns, unser Gepäck zu Fuss dorthin zu bringen. Die Zeit dazu hätten wir ja gehabt. Aber als wir dann auf der Ladefläche des Pickup sitzen und die Fahrt kein Ende nehmen will, sind wir dann doch nicht unglücklich, auf Dougs Angebot eingestiegen zu sein.
Die Nacht hinter dem Hangar neben der Landepiste ist eine der kältesten. Noch ein letztes Mal dürfen wir in dieser Nacht das Schauspiel der Nordlichter beobachten, bevor wir dann am nächsten Morgen bei strahlendem Sonnenschein zurück in die Zivilisation fliegen.

(Simi)

Gemischte Gefühle am Ende einer Reise

Es ist ein spezielles Gefühl, wenn man weiss, dass man heute am Zielort einer langen Reise eintreffen wird. Es ist ein Gemisch aus Vorfreude und Wehmut.

Vorfreude auf das baldige Wiedersehen mit Familie und Freunden; Vorfreude auf die Annehmlichkeiten der Zivilisation. Nach drei Wochen Waschen im Fluss, Kochen am Feuer, Schlafen im Zelt freue ich mich wieder auf eine „richtige“ Dusche, ein kuscheliges Bett und ein schützendes Dach über dem Kopf, wenn es draussen Katzen hagelt.


Foto René
Wehmut verspüre ich, wenn ich daran denke, dass ich diese unberührte wilde Natur so für eine ganze Weile nicht mehr erleben werde. Die unendliche Weite, die raue Schönheit dieser abgelegenen Gegend, die Stille, die Einsamkeit, die nichts Beängstigendes sondern so viel Befreiendes an sich hat, die intensiven Stimmungen, welche Wetter und Jahreszeit hervorzaubern, die unglaublichen Begegnungen mit der Tierwelt des hohen Nordens - das Gefühl der Zugehörigkeit!

 
An diesem letzten Paddeltag hängen die Wolken tief, immer wieder nieselt es. Wortlos paddeln wir dem Endpunkt unserer Reise entgegen. Noch einmal hat jeder Zeit, seinen Gedanken nachzuhängen.

Dann ist der Moment da – hinter einer Flussbiegung tauchen die ersten Hütten von Allakaket auf. Es ist Samstag, 20. September 14.00 Uhr - wir haben unser Ziel erreicht!

(Simi)

 


Lagerleben und Kochen am Feuer

Foto René
Wir geniessen das Lagerleben in vollen Zügen. Morgens kriechen wir in der Regel erst zwischen halb neun und neun Uhr aus dem warmen Schlafsack. Petrus meint es wirklich gut mit uns – oft ist ein Tag schöner als der andere. In den klaren Nächten fallen die Temperaturen allerdings oft unter den Gefrierpunkt. So kostet es jeweils doch einige Überwindung aufzustehen. Ich bewundere Adi, der mit seiner geliebten Kamera bewaffnet nachts durchaus auch einmal eine Stunde auf die Nordlichter wartet. Wie bequem ist es dann, wenn er mich erst dann aus dem Schlaf holt, wenn die Farben und Bewegungen am Himmel spektakulär werden. Auch morgens lässt er sich von der Kälte oft nicht beirren und hält die wunderbarsten Stimmungen digital fest.

Um 9 Uhr entfacht dann der erste von uns Feuer, kocht Flusswasser ab, bereitet das Frühstück und oft noch den Brotteig für den Abend vor. Nach einem gemütlichen Zmorge geht es an der Abbau des Lagers und das Beladen der Boote. Alles braucht seine Zeit, so dass wir oft erst um den Mittag herum aufs Wasser kommen. Meist paddeln wir um die 4 – 5 Stunden, unterbrochen von einer etwa halbstündigen Mittagspause, in welcher wir uns mit zusammengebundenen Kanus treiben lassen.

Gegen halb fünf Uhr beginnen wir dann nach einem geeigneten Lagerplatz Ausschau zu halten. Oft haben wir die Qual der Wahl, eher selten müssen wir etwas länger suchen. Haben wir einen geeigneten Platz gefunden, werden die Boote ausgeladen, Brennholz gesucht, wieder Wasser abgekocht und dann ein feines Nachtessen zubereitet. Nach dem Essen backen wir oft noch Brot für den kommenden Tag. Es ist unglaublich, wie schnell die Zeit vergeht. Selten kommen wir vor 10 Uhr in die Schlafsäcke. Einige Male wird es Mitternacht oder noch später.

 
 
 
 
Es gibt auch Tage, an welchen wir nicht weiterreisen. Diese verbringen wir mit Waschen im Fluss oder sogar einer Luxusdusche mit warmem Wasser aus Philipps Duschsack, Haare und Kleider waschen, Fischen, Fotografieren, mit Taschenlampe und Fotoapparat experimentieren, Diskutieren, Kochen, Backen, … Ganz nach dem Motto von Hornbach „Es gibt immer was zu tun …“

(Simi) 
 
Foto René
 












Foto René

Die Elche vom Alatna

Foto René
Es ist der zweitletzte Morgen unserer Paddeltour. Wir sitzen gemütlich ums Feuer, als uns Philipp (wer denn sonst ;-) plötzlich zuraunt: „Wir bekommen Besuch!“ Und tatsächlich tauchen da zwei junge Elchbullen zwischen den Erlenbüschen auf. Etwas ungläubig schauen wir uns an – wir waren weder besonders leise, noch haben wir Gegenwind. Sie können uns also hören, riechen und sehen. Und trotzdem wagen sie sich Schritt für Schritt näher, uns während des Fressens immer wieder neugierig beäugend.

Aus irgendeinem Grund hat Adi heute Morgen – was er bisher noch nie gemacht hat - seine Kamera ans Feuer mitgenommen. Zufall? Intuition? Glück? Jedenfalls beginnt er schnell so ruhig wie möglich, den unglaublichen Moment festzuhalten. Die Elche lassen sich nicht beirren und beinahe hat man das Gefühl, dass sie ihren Auftritt geniessen und sich für das nächste Bild in Pose werfen. Sie kommen näher und näher – bald sind sie nur noch 15 – 20 Meter von uns entfernt.

Foto René
„Macht mal eure Bärensprays startklar!“ Adis Aufforderung reisst uns unsanft aus diesem unwirklichen Moment heraus. Wir wissen, dass es in Nordamerika mehr Zwischenfälle mit Elchen und Hirschen als mit Bären gibt. Vorsichtig und ohne unsere Gäste aus den Augen zu lassen, lösen wir unsere Bärensprays aus dem Etui und entsichern sie.

 
 
 
In dem Moment, wo ich die Sicherung vom Abzug nehme, berühre ich aus Versehen leicht den Abzugshebel und ein feiner Pfeffer-Sprühnebel hüllt meine drei Paddelkollegen ein. Philipp sitzt genau in der „Schusslinie“ und beginnt augenblicklich zu husten. Gott sei Dank ist die abgegangene Pfeffermenge so gering, dass sich der Schaden in Grenzen hält. Nach dem ersten Schreck können wir uns vor Lachen kaum mehr in unseren Sitzen halten. Nur Adi ist alles andere als erheitert. Leicht angesäuert weist er mich darauf hin, dass ihm durch meine Unachtsamkeit gerade Hammerbilder durch die Lappen gegangen sind. Klar haben sich die Elche bei diesem Radau fluchtartig verzogen. Tja, shit happens. Ich entschuldige mich in aller Form – doch die Lachanfälle, in welche ich zwischendurch immer wieder
ausbreche, machen deutlich, wie ernst es mir mit dieser Entschuldigung ist. Schliesslich war meine Schussabgabe alles andere als absichtlich geschehen. Der Herr Fotograf soll doch froh sein, dass ich „nur“ einen Bärenspray und keine Flinte in der Hand gehabt habe …

 
 
 
Das unglaublichste an der ganzen Geschichte ist aber, dass die beiden Elchbullen nach kurzer Zeit noch einmal auftauchen – näher noch als zuvor – und Adi sein Fotoshooting doch noch vollenden kann …

(Simi)

 

Besuch aus der Luft

So etwa jeden zweiten, dritten Tag wird die Stille, die uns umgibt, vom Brummen eines Flugzeugs durchbrochen. Mal fliegt es höher, mal tiefer über unsere Köpfe hinweg. An diesem Tag allerdings ist das Geknatter so laut wie schon lange nicht mehr.

Wir haben soeben auf einer Kiesbank angelegt. Zuerst eigentlich in der Absicht, dort unser Nachtlager aufzuschlagen. Doch als wir merken, wie windig der Platz ist, beschliessen René und Adi, unser Nachtessen mit frischem Fisch aufzupeppen, während Philipp und ich weiterpaddeln wollen, um einen besseren Platz für die Nacht zu finden.

Bevor wir dies allerdings in die Tat umsetzen können, erscheint über uns ein blau-weisses Flugzeug. Wie üblich, winken wir dem Piloten freundlich zu. Doch kaum hinter den Baumwipfeln verschwunden, erscheint der Vogel auch schon wieder. Dieses Mal fliegt das Flugzeug knapp so über unsere Köpfe hinweg, dass wir meinen, den Luftzug zu spüren. Im Scherz sagen wir zueinander, dass der Pilot bei der nächsten Schlaufe sicher einen kurzen Kafistopp einlegen wird.

Und tatsächlich: Kaum ausgesprochen, setzt das Flugzeug zur Landung auf der knapp 100 Meter langen Kiesbank an. Nach höchstens 20 Metern steht der Metallvogel still. Kaum können wir auf dem nun stillstehenden Flugzeug den Schriftzug „State Trooper“ lesen, steigt auch schon ein uniformierter und bis an die Zähne bewaffneter Gesetzeshüter aus. Mit gemischten Gefühlen sehen wir ihn auf uns zukommen. Was der wohl von uns will? René hat seine Angelrute noch vor der Landung des Polizisten in aller Windeseile unter dem Gepäck versteckt. Schliesslich hat offiziell nur Adi eine Fischerlizenz und Gesetzesverstosse jeglicher Art werden in Amerika hart bestraft.

Der Uniformierte steht in gebührendem Sicherheitsabstand breitbeinig vor uns hin, spuckt erst einmal kräftig auf den Boden und erkundigt sich dann höflich, wie es uns gehe und was uns in die Wildnis von Alaska führe. Nach zehnminütigem Smalltalk steigt er wieder in sein Flugzeug, hebt ab, winkt uns noch einmal zu und entschwindet in die Weiten Alaskas.

(Simi)

Der Wolf vom Alatna

Während unseres gemeinsamen Unterwegsseins stellt sich schnell heraus, dass Philipp der unbestrittene Tierflüsterer unserer Gruppe ist.

 
 
 
 
 
 
 
 
So auch wieder an einem Abend, als wir auf einer idyllischen Kiesbank unser Lager aufschlagen. Einige hundert Meter weit weg fällt ihm eine schwache Bewegung am gegenüberliegenden Ufer auf. Bei einem Blick durch den Feldstecher bestätigt sich seine Vermutung, dass es sich dabei um einen Wolf handelt. Dieser trabt leichtfüssig in unsere Richtung, hält ab und zu inne, schnuppert hier ein bisschen, scharrt da ein bisschen. Bald ist er so nah, dass wir auch mit blossem Auge sehen, was für ein schönes Exemplar er ist. Und obwohl der Rauch unseres Feuers genau in seine Richtung zieht, geht er unbeirrt seiner Wege. Ehrfürchtig und ungläubig lassen wir uns von diesem einsamen furchtlosen Wolf in den Bann ziehen. In 40 Meter Entfernung zieht er an uns vorbei und lässt uns staunend und immer noch etwas unsicher, ob diese Begegnung tatsächlich real war, zurück.

Am Tag darauf können wir vom Fluss aus fünf Kojoten beobachten, die uns am Ufer für einige hundert Meter begleiten. Schlussendlich bleiben sie stehen und stimmen ein schaurig schönes Geheul an. Und tatsächlich kommt vom gegenüberliegenden Ufer eine Antwort. Kurz erhaschen wir einen Blick auf das Tier im Unterholz. Und wir könnten schwören, dass dies „unser“ Wolf vom Vorabend war.
 
(Simi)
 
Und immer wieder erleben wir Stimmungen, die uns überwältigen:
 





Der Bär vom Alatna

Im Unterschied zum Kobuk ist das Wasser des Alatna durch Sedimente getrübt und fliesst als träge braune Masse talwärts. Auch landschaftlich und von den Tieren her sind die beiden Flüsse nicht miteinander zu vergleichen. Die ersten vier Tage führen uns durch eine eindrückliche Berglandschaft. Der Fluss fliesst in einem grossen Talkessel und mäandriert so stark, dass wir manchmal das Gefühl haben, wieder talaufwärts zu paddeln. Tiere sehen wir in diesen Tagen keine.
 

Doch dann werden die Berge zu Hügeln und schliesslich die Hügel zu Ebenen. Und ab diesem Zeitpunkt sehen wir auch wieder Tiere.

 
 
 
 
 
 
 
 
Unglaublich eindrücklich ist die Begegnung mit dem einzigen Grizzly, den wir am Alatna sehen. René und Philipp legen kurz an, um ihren „Tank“ zu leeren, während Adi und ich weiter paddeln. Plötzlich stürzt ein Grizzly aus dem Unterholz, sprintet schräg über die Kiesbank am rechten Flussufer und legt dann einen filmreifen Ränzler hin. Er macht den Anschein, als sei er ziemlich gestresst, schnauft er doch wie ein Asthmatiker nach einem 12-Minuten-Lauf. 15 Meter vor uns schwimmt er durch den Fluss. Und auch mit meiner 3-4 in Physik ist mir klar, dass die Strömung uns in der Flussmitte aufeinander treffen lässt. Sachte paddeln wir rückwärts und können so den Abstand halten. Und wie um das Ganze noch zu toppen, schiesst in dem Moment ein Weisskopfseeadler vom Himmel und attackiert den armen
Bären aus der Luft. Zwei Angriffe muss er über sich ergehen lassen, bevor der Adler einsieht, dass leider kein Fisch im

Maul des Bären zappelt. Glücklicherweise hat Adi seine Kamera griffbereit und kann den magischen Augenblick festhalten. Auch als Beweismaterial – denn sonst hätte uns diese unglaubliche Begegnung wahrscheinlich niemand geglaubt …
 
(Simi)
 
 
 
 
 

Das Labyrinth vom Circle Lake

Es ist halb acht, als uns der Pilot auf dem Circle Lake absetzt. Es ist ein wunderschöner Abend. Die letzten Sonnenstrahlen lassen die gegenüberliegende Bergflanke in warmen Rottönen leuchten. Und um die Szenerie perfekt zu machen, spiegelt sich das Ganze auch noch im spiegelglatten Wasser des Circle Lakes. Leider können wir das Schauspiel nur kurz geniessen. Der Boden hier ist so sumpfig, dass eine Übernachtung zwar sehr weich, aber auch sehr feucht wäre. So bauen wir unsere Ally’s wieder zusammen, beladen sie und stechen um kurz nach halb acht in See.


Der Circle Lake ist etwa einen Kilometer lang und macht mit seiner Sichelform seinem Namen alle Ehre. In der einsetzenden Dämmerung werden wir von einem Biber begrüsst und sehen einen Elch, der uns - zur Salzsäule erstarrt – beobachtet. Er steht so still, dass wir uns lange nicht sicher sind, ob es sich dabei nicht um einen Baumstrunk handelt.

 
 
 
Laut Karte ist der Alatna River etwa 1,5 Kilometer Luftlinie vom Circle Lake entfernt. Wir sollten also noch vor Einbruch der Dunkelheit am Fluss sein. Doch am Ende des Sees, wo wir den Ausfluss vermuten, ist nichts als Schilf. Etwas ratlos schauen wir uns an. Die Ufer des Sees laden nicht wirklich zu einer Übernachtung ein, bestehen sie doch nur aus Sumpf und eben Schilf. Niemand von uns hat Lust, auf dem Wasser zu übernachten. Das ist die einzige Situation, in der wir wirklich froh sind um unser GPS.
Damit finden wir den verwachsenen Durchgang vom See in ein mächtiges Labyrinth aus Schilf, Sumpf und umgestürzten Bäumen. Zwei Stunden mühen wir uns darin ab, müssen die Boote an einigen Orten um die Kurven stossen oder über mit Ästen verbarrikadierte Durchgänge ziehen. Vom anderen Boot sieht man teilweise nur noch die Mützenzipfel der Paddler. Wäre es nicht so spät am Abend, könnten wir dieses Erlebnis so richtig geniessen. Doch die Zeit drängt.
 
Endlich, kurz bevor wir die Stirnlampen hätten hervorholen müssen, erreichen wir die kurze Portage, die an den Fluss führt. Mit festem Boden unter den Füssen schlagen wir unser Nachtlager auf, kochen dann noch schnell ein paar Teigwaren, bevor wir uns gegen Mitternacht in unsere Schlafsäcke verkriechen.

Doch es wird für alle eine unruhige Nacht. Adi und Philipp leiden unter Dünnpfiff und überreichen sich die WC-Schaufel im Halbstunden-Takt. Ob sie ihre Mägen mit dem halbrohen Karibufleisch von Guy überfordert haben? Oder ob sie einfach an ihre körperlichen Grenzen gestossen sind ;-)? Jedenfalls ist die nächsten zwei Tage nicht an Aufbruch zu denken. Die beiden Jungs kurieren ihre Magen-/Darmverstimmung aus, während René und ich die Zeit zum Backen, Duschen, Haare waschen, Plaudern, Fischen und Geniessen nutzen.
 
(Simi)