Montag, 27. Oktober 2014

Platzwahl

Wenn es um die Platzwahl für die Übernachtung geht, ist man am Kobuk bestens bedient. Praktisch nach jeder Kurve bieten sich perfekte Plätze an. Meistens sind es Kiesbänke. Zu Beginn dachten wir, dass ein Sandstrand auch noch schön wäre. Doch dies ist ein Irrtum. Der feine Sand klebt überall und man kriegt ihn kaum mehr aus dem Schlafsack, den Kleidern, den Taschen und nicht zuletzt auch nicht mehr aus dem Boot. Vor allem Letzteres leidet auf Dauer stark, da der Sand wie ein Schmiergelpapier wirkt. Deswegen zelten wir doch lieber auf dem etwas unbequemeren Kies. Dank unseren aufblasbaren Schlafmatten ist dies jedoch kein Problem.

Feuerholz hat es auch genug. Das Schwemmholz gibt es in allen Dicken und Längen. Der Nachteil ist nur, dass es vollkommen ausgelaugt und der Brennwert nicht mehr sehr gut ist. Es braucht Unmengen davon, wenn wir damit Kochen und noch etwas am Feuer sitzen wollen. Und Bewegung tut ja bekanntlich gut.

Als wir am dritten Tag nach unserem Start wiedermal an einem schönen Übernachtungsplätzli am Holz sammeln sind, ruft Philipp auf einmal: „Schaut dort, ein Grizzly!“ Tatsächlich trottet in etwa hundert Metern Entfernung ein Prachtexemplar von Bär auf uns zu. Er kann uns nicht wittern, da wir gegen den Wind stehen. Schnell ist das Holzsammeln vergessen und wir stehen alle am Flussufer, bewaffnet mit Kamera und Bärenspray. Es ist unser erster Grizzly, den wir  in wilder Laufbahn sehen. Nun hat es keinen schützenden Zaun mehr zwischen uns und ihm - jetzt sind wir mittendrin! Puuh, eine ganz neue Erfahrung. Wir alle sind wachsam, fühlen uns aber sicher. Jeder denkt wohl, dass ja noch drei andere da sind, welche sich der Bär zuerst holen kann...

Meister Petz lässt sich nicht stören. Er wandert „seine“ Uferseite ab, frisst ab und zu etwas Lachs, schnuppert in der Luft und läuft weiter. Lachse hat es nämlich zuhauf am Ufer liegen. Die Rangerin in Bettles hatte uns informiert, dass wir am Kobuk-River grösstwahrscheinlich viele tote Lachse sehen werden. Es habe so viele Fische im Fluss, dass es dort zu wenig Sauerstoff gibt und die Lachse deswegen verenden. Tatsächlich sind die Ufer häufig mit Lachskadavern übersät und es riecht dementsprechend. Wir sind aber nicht unglücklich darüber, denn wir glauben, dass die Bären so satt sind und keine Lust mehr auf Schweizerschnitzel haben.

So sind wir überzeugt, dass wir einmal mehr am richtigen Ort zum Übernachten angelegt haben und nehmen unsere Holzsammlertätigkeit wieder auf. Spätestens nachdem wir Renés Zwiebel-Kohl-Gemisch in unseren Mägen haben, sind wir uns zu hundert Prozent sicher, dass wir eine nicht ruhige, jedoch bärenfreie Nacht haben werden.
 
(Adi)

 

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