20 Minuten später sitzen wir im 10-Plätzer Richtung Bettles. Adi als Co-Pilot neben dem Jeans
und Kurzarm-Hemd tragenden Piloten. Eine gute Stunde dauert der Flug, dann
heisst es aussteigen und ausladen. Bettles
ist ein 20-Seelen-Dorf in der Pampa von Alaska und nur auf dem Luftweg erreichbar.
Eine Rangerin instruiert uns etwa eine halbe Stunde, wie wir uns in der Natur
bewegen sollen. Das meiste ist für uns eine Selbstverständlichkeit. Doch als
sie uns das Verhalten bei Bären- und Elchkontakt erklärt, sind wir ganz Ohr.
„Wenn ein Grizzly angreift, stellt euch tot. Wenn ein Schwarzbär Ärger macht,
kämpft mit ihm um euer Leben.“ O.k., soweit ist alles klar. Nur tragen die
Bären kein Schild um den Hals ob sie nun zu den Brauen oder den Schwarzen
gehören. Im Normalfall sind die Unterscheidungsmerkmale ziemlich
offensichtlich. Aber ob das in Stresssituationen noch immer so einfach ist, sei
dahingestellt. Auf jeden Fall trägt jeder von uns praktisch 24-Stunden pro Tag
einen Bärenspray mit sich herum.
Eigentlich war der Plan, einen Tag in Bettles zu bleiben und erst am Tag darauf in die Wildnis zu
fliegen. Doch das Wetter ist sehr veränderlich. Mal scheint die Sonne, dann
wieder regnet es. Im Moment würde die Wetterlage einen Flug zulassen. Deshalb
beschliessen wir, sofort weiterzufliegen. Wir hätten keine Lust, allenfalls in Bettles festzusitzen. So packen wir unsere
Nahrungsmittel in bärensichere Fässer um und fliegen am späteren Nachmittag mit
Jim und seinem Wasserflugzeug aus dem Jahr
1956 zum Walker Lake. Mit dieser Maschine ist das Fliegen noch echtes
Handwerk! Jim pumpt mal hier ein bisschen, dreht mal da an einem Rädchen und es
zieht durch alle Ritzen. Aus der Luft sehen wir einen Elch (den ersten für
Philipp und René). Jim meint es gut mit uns und kreist so lange in engen
Kreisen über dem Elch, bis Philipp langsam grün im Gesicht wird. Auch dieser
Flug dauert etwa eine Stunde bevor Jim eine butterweiche Landung aufs Wasser
legt. Wir Greenhorns haben nicht daran gedacht, vor
dem Abflug unsere
Neopren-Stiefel zu montieren. Und so wird das Ausladen des Flugzeuges dann zu
einer kleinen Kneipp-Runde. Kaum ist der letzte Seesack ausgeladen, steigt Jim
wieder in die Maschine, die Propeller beginnen zu drehen, er beschleunigt, hebt
ab, dreht noch eine Runde über unseren Köpfen, wackelt kurz mit den Flügeln und
verschwindet im nächsten Moment hinter dem Hügel. Wir stehen reglos da und
lauschen dem verklingenden Motorengeräusch.
(Simi)
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