Montag, 27. Oktober 2014

Die erste Nacht in der Wildnis Alaskas

Die Zelte stellen wir jeweils etwa 50-100m vom eigentlichen Koch- und Feuerplatz auf. Dies gäbe einem bei einem Bärenbesuch Zeit, sich auf ihn einzustellen. Heisst, den Bärenspray oder „bear-banger“ zu zücken und ihn damit versuchen zu vertreiben. Ob wir in einer solchen Stresssituation aber so cool reagieren würden, wissen wir nicht. Und wir verdrängen dieses Szenario gerne. Trotzdem schlafen wir in der ersten Nacht hier draussen in der Wildnis eher etwas angespannt. Eigentlich ist dies aber auch nicht sehr verwunderlich. Alle Geräusche sind hier etwas lauter. Ein Käferkrabbeln oder das Herumrascheln eines Mäuschens ist plötzlich so laut wie ein - Bär? Nein, nein, oder doch?

Vorsichtshalber beschliesse ich, einen „security-check“ zu machen. Es ist saukalt und ich schäle mich nur ungern aus dem warmen Schlafsack. Vorsichtig strecke ich meinen Kopf durch die Zelteingangsöffnung und sofort bin ich hellwach! Der Bär ist vergessen, ebenso die kalte Temperatur. Nordlichter!

Es ist ein gigantisches Schauspiel. Im Osten ziehen die Nordlichtfäden langsam über den sternenklaren Nachthimmel. Grünlich, gelbes Licht, das immer heller wird. Wie ein Lichtvorhang weht es hin und her. Ich wecke die anderen und sporne sie an, schnell heraus zu kommen. Simi steht als Erste neben mir. Was nun folgt, ist nicht in Worte zu fassen. Das Nordlicht hat weiter an Stärke zugenommen. Der ganze Himmel beginnt nun über uns zu explodieren. Schubweise ergiesst sich das Licht wellenartig über den ganzen Himmel. Jetzt wechselt die Farbe ins Rot. Unglaublich, unreal, magisch. Simi und ich stehen nur da und staunen, unfähig, das Geschehen in Wort zu fassen. Der ganze Zauber verschwindet so schnell, wie er gekommen ist. Zurück bleibt ein Gefühlsgemisch aus Demut, Ehrfurcht und Freude. Wir können sehr gut verstehen, dass dieses Phänomen bei den Naturvölkern extreme Ängste auslösen konnte. Unsere beiden „Schlafmützen“ jedoch müssen sich vor nichts mehr fürchten. Als Philipp und René nämlich endlich mit viel Gemurre aus ihrem Zelt kriechen, ist der Hauptzauber vorbei. Doch auch sie kommen noch in den Genuss von ihren ersten Nordlichtern. Gerne kehren wir aber nach einer Stunde wieder in unsere warmen Schlafsäcke zurück. Dies war eine wunderbare Gutenachtgeschichte und ich schlafe wie - ein Bär.

(Adi)

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